Hammelsprung Hitzekoller im Bundestag
Nach einem von der Unionsfraktion beantragten „Hammelsprung“ eskalierte gestern die Situation im Bundestag. SPD-Politiker Michael Schrodi soll einen Schriftführer mit „Wichser“ beleidigt haben. Schrodi wies diesen Vorwurf zurück.

Berlin - dpa//uk
Zum Eklat kam es, als die Union gegen kurz nach zehn Uhr Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in den Bundestag zitieren will: Da stürmte Schrodi nach vorn. Dort soll er nach Informationen von „Bild online“ den Schriftführer als „Wichser“ bezeichnet haben. In einem Interview mit „Stern online“ bestritt er dies, äußerte er aber auch nicht, was er aus seiner Sicht gesagt habe.
Zudem habe er sinngemäß zu CDU-Fraktionschef Friedrich Merz geäußert: „Mit den Faschisten gemeinsam! Eine Unverschämtheit ist das! So geht das nicht!“ Dies berichteten gestern Nachmittag mehrere Online-Medien.
Schrodi rechtfertigte sein Handeln zum „Stern“: „Meine Intervention war nicht geplant. Das war aus der Situation heraus ... Ich werde mich bei dem Bundestagspräsidium natürlich entschuldigen. Es geht jedoch schon um die Frage der Kultur im Bundestag. Hier agierte die CDU/CSU ungebührlich. Außerdem macht man keine gemeinsamen Sachen mit der rechtsextremen AfD.“
Schrodi muss nun 1000 Euro Ordnungsgeld zahlen – eine sehr selten verhängte Strafe. „Ich bitte jetzt wirklich um Mäßigung, weil ich jetzt etwas machen muss, das ist mir wirklich nicht leicht gefallen“, sagte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) gestern während der Sitzung, kurz bevor sie die Strafe erteilte. Es habe von Schrodi „einen wirklich derartigen verbalen Angriff auf das Sitzungspräsidium gegeben und auf einzelne Mitglieder dieses Hauses, so dass ich das als eine mehr als geringfügige Verletzung der parlamentarischen Ordnung werten muss“.
Merz: Weniger Vertrauen in den Bundestag
Der Vorfall trug sich zu, nachdem die Union per Geschäftsordnungsantrag Bundeswirtschaftsminister Habeck in der Debatte zum Heizungsgesetz herbeirufen wollte. Bas wollte dies erst über eine Abstimmung per Handzeichen entscheiden.
Mit ihren beiden Schriftführern, darunter der CDU-Abgeordnete Michael Donth, war sie sich aber nicht einig, wie votiert wurde. Bas ordnete daraufhin einen sogenannten Hammelsprung an, bei dem die Abgeordneten den Saal verlassen und dann durch Türen für „Ja“, „Nein“ und „Enthaltung“ zurückkehren.
Laut offiziellem Sitzungsprotokoll gab es nach der Hammelsprung-Entscheidung nicht nur Beifall von Abgeordneten von CDU/CSU, sondern auch von der AfD.
Merz: „Können Sie nicht einmal einen kurzen Augenblick den Mund halten?“
Merz griff den Vorfall später auf, als er zum Heizungsgesetz sprach. Als er mehrfach durch Rufe unterbrochen wurde, sagte der Unionsfraktionschef: „Soll ich die Zwischenrufe wiederholen, die wir hier eben in der Pause aus ihren Reihen gehört haben? ... Können Sie nicht einmal einen kurzen Augenblick den Mund halten?“
Merz erhob schwere Vorwürfe gegen die Ampel-Koalition. SPD, Grünen und FDP hätten seit der Regierungsübernahme das Parlament zu einem „Ort der Debattenverweigerung und zu einem Ort des Durchpeitschens von Gesetzen“ gemacht. Es sei Vertrauen in den Bundestag verloren gegangen. „Die Qualität einer Demokratie zeigt sich, ob die Mehrheit Respekt und Achtung vor den Rechten der Minderheit in einem Parlament hat“, sagte Merz weiter.