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Sondertreffen Was tun gegen hohe Energiepreise? Noch keine EU-Lösung

Der Ton ist höflich, doch in der Sache liegen die EU-Staaten weit auseinander. Eine langfristige EU-Lösung für die hohen Energiepreise ist zunächst nicht absehbar.

Von Laura Dubois, dpa Aktualisiert: 27.10.2021, 12:31
Deutschland und acht andere Länder sprachen sich gegen Reformen der Energiemärkte aus.
Deutschland und acht andere Länder sprachen sich gegen Reformen der Energiemärkte aus. Carsten Koall/dpa

Luxemburg - Im Streit über den Umgang mit den dramatisch gestiegenen Energiepreisen in der EU verhärten sich die Fronten. Bei einem Sondertreffen der zuständigen Minister forderten am Dienstag mehrere südliche Länder umfassende Reformen auf EU-Ebene.

Deutschland und andere nördliche Staaten lehnen ein Eingreifen in den Markt hingegen ab.

Der deutsche Staatssekretär Andreas Feicht sprach sich gegen vorschnelle Maßnahmen aus, die letztlich die Preise weiter hochtreiben könnten. „Es ist ein besonders wichtiges Problem für Europa, mitten im wirtschaftlichen Aufschwung, für das man außergewöhnliche Lösungen finden muss“, sagte hingegen die spanische Energie-Staatssekretärin Sara Aagesen Muñoz.

Die Positionen der Staaten liegen auch deshalb weiter auseinander, weil sie unterschiedlich stark von den emporschnellenden Preisen betroffen sind. In Deutschland ist der Gaspreis beispielsweise viel weniger gestiegen als Spanien. Das liegt unter anderem an den unterschiedlichen Energiemixen und daran, dass Deutschland langfristige Gas-Kaufverträge geschlossen hat, während Spanien am Spot-Markt einkauft, wo die Preise mehr schwanken. Dem Vergleichsportal Verivox zufolge war der Strompreis in Deutschland im Oktober rund neun Prozent höher als im Vorjahresmonat, Gas war im Schnitt 28 Prozent teurer.

Länder wie Frankreich und Spanien wollen das System überarbeiten, wie die Preise auf dem Großhandelsmarkt für Strom entstehen. So erhoffen sie sich, dass der Strompreis weniger vom stark gestiegenen Gaspreis abhängig ist. Dann könnten Verbraucher auch die Vorteile eines nachhaltigen Energiemixes spüren, sagte Aagesen. Zurzeit wird der Großhandelspreis für Strom an den europäischen Märkten von der teuersten benötigten Energiequelle bestimmt - das ist momentan Gas.

Sinkt die Nachfrage, wird der Preis wieder durch billige erneuerbare Energiequellen bestimmt. Der EU-Kommission zufolge schafft das einen Anreiz für Investitionen in saubere Energie. Die Brüsseler Behörde hat zugesagt, den Strommarkt genauer unter die Lupe zu nehmen und auch Vorschläge Spaniens für gemeinsame Gaseinkäufe und Gaslagerung zu untersuchen.

Länder wie Deutschland oder Luxemburg gehen hingegen davon aus, dass der Preisanstieg vorübergehend ist. Sie wollen deshalb mit marktwirtschaftlichen Lösungen darauf reagieren. In einem Papier, das kurz vor dem Sondertreffen vom Dienstag veröffentlicht wurde und inzwischen von elf Staaten unterstützt wird, sprechen sie sich gegen eine Reform des Strommarktes aus.

„Unserer Meinung nach geben die Preissteigerungen keinen Anlass, in den europäischen Binnenmarkt einzugreifen“, sagte Staatssekretär Feicht während der öffentlichen Debatte. „Freie Preisbildung und wettbewerbliche Märkte sind eine zentrale Grundlage, um unsere Energieversorgungssicherheit weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten, wichtige Innovationen für die Energiewende voranzutreiben und Energie bezahlbar zu halten.“

Es sei auch nicht zielführend, in das EU-Emissionshandelssystem einzugreifen, sagte Feicht. „Im Gegenteil, der Emissionshandel funktioniert. Er ist nicht der aktuelle Treiber der Energiepreise.“ Damit widersprach er unter anderem Polen und Ungarn, die den Handel mit Kohlenstoffdioxid (CO2) für den Preisanstieg mitverantwortlich machen.

Im EU-Emissionshandelssystem müssen etwa Stromanbieter für den Ausstoß von Treibhausgasen wie CO2 zahlen. Das System soll als Teil des EU-Klimapakets ausgebaut werden. Auf Nachfrage einiger Staaten will sich die Europäische Kommission nun Spekulation am CO2-Markt genauer anschauen. Erste Ergebnisse sollen bei einem EU-Gipfel im Dezember besprochen werden, bei dem die Energiepreise voraussichtlich wieder auf der Tagesordnung stehen werden.