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Corona Corona-Testrate in Ischgl lag über 40 %

Im österreichischen Ischgl war ein großer Teil der Bevölkerung mit dem Coronavirus infiziert.

26.06.2020, 11:23

Innsbruck (dpa/vs) l  42,4 Prozent der in einer umfassenden Studie untersuchten Bürger hatten Antikörper auf das Coronavirus entwickelt. Die überraschende hohe Zahl wurde in einer Großstudie der Medizinischen Universität Innsbruck festgestellt. Es sei der weltweit höchste bisher publizierte Wert, sagte die Direktorin des Instituts für Virologie, Dorothee von Laer, am Donnerstag in Innsbruck. Antikörper im Blut gelten als Nachweis für eine durchgemachte Infektion.

Ischgl mit seinen Après-Skibars gilt als Brennpunkt für die Ausbreitung des Coronavirus in Österreich und Teilen Europas. Nach Angaben österreichischer Behörden waren zeitweise 40 Prozent aller Fälle im Inland auf Ischgl zurückzuführen. Auch viele deutsche Touristen haben sich nach ihrer Überzeugung in Ischgl angesteckt. Eine Kommission im Bundesland Tirol soll nun das stark kritisierte Krisenmanagement unter die Lupe nehmen.

Sehr auffällig sei, dass von den positiv auf Antikörper getesteten Personen zuvor nur 15 Prozent die Diagnose erhalten hatten, infiziert zu sein, sagte von Laer. „85 Prozent derjenigen, die die Infektion durchgemacht haben, haben das unbemerkt durchgemacht.“ Trotz des hohen Antikörper-Werts sei auch in Ischgl keine Herden-Immunität erreicht. Entscheidend für den Rückgang der Fälle seien die Quarantäne und die soziale Distanz gewesen, hieß es.

Im Hinblick auf den erhobenen Nachweis von Antikörpern sei die Studie jedoch nicht repräsentativ für die österreichische Gesamtbevölkerung. „Es handelt sich hier um eine Leuchtturmstudie mit dankenswert sehr hoher Beteiligung der Ischgler Bevölkerung. Die Erkenntnisse werden dabei helfen, zukünftige Untersuchungen besser planen zu können und die Anwendung von Antikörpertests noch sicherer zu machen“, wird Rektor W. Wolfgang Fleischhacker in einer Presseinformation der Medizinischen Universität Innsbruck zitiert.

Der Anteil der seropositiv Getesteten liegt damit etwa sechs Mal höher (bei Kindern zehn Mal höher) als die Zahl der zuvor mittels des sogenannten PCR-Verfahrens positiv getesteten Personen, die Rate der offiziell gemeldeten Fälle beträgt damit nur 15 Prozent der de facto Infizierten. Die Zahl der nicht dokumentierten Fälle, die aufgrund eines asymptomatischen oder milden Infektionsverlaufs nicht getestet wurden, lässt sich ausschließlich mit Antikörpertests nachweisen. „Eine hohe Rate nicht dokumentierter Fälle haben wir bereits vor Studienbeginn angenommen und sie hat sich nun, wie in anderen Hotspots auch, bestätigt“, so von Laer.

Mittels Fragebogen konnten in der Studie auch vorsichtige Rückschlüsse auf den Infektionsverlauf erhoben werden. So berichtete ein Großteil der seropositiv getesteten StudienteilnehmerInnen über Geschmacks- und Geruchsstörungen, gefolgt von Fieber und Husten. Unter den seropositiv getesteten Kindern verlief die Infektion meist asymptomatisch. Lediglich neun Erwachsene unter den StudienteilnehmerInnen mussten im Krankenhaus behandelt werden.

Die Frage der Immunität oder wie lange Träger von SARS-CoV-2 Antikörpern vor einer Infektion geschützt sind, sei auch mit dieser Studie nicht aufgeklärt. Es wäre sinnvoll, die Untersuchung fortzusetzen und die Zahl der Infizierten zu einem späteren Zeitpunkt wieder zu untersuchen, so Rektor Fleischhacker.