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Kirche „Man will meine Stimme ausschalten“

Kritiker werfen dem emeritierten Kirchenvater Benedikt XVI. vor, als „Schattenpapst“ zu fungieren.

04.05.2020, 23:01

München (dpa) l Er mische sich angeblich in aktuelle, kirchenpolitische Themen ein. In seiner Biografie gibt der Ex-Papst nun Kontra. Der emeritierte Papst Benedikt XVI. sieht sich als Opfer einer „bösartigen Verzerrung der Wirklichkeit“. „Der Spektakel an Reaktionen, der hernach von der deutschen Theologie kam, ist so töricht und so bösartig, dass man lieber nicht davon spricht. Die eigentlichen Gründe dafür, dass man einfach meine Stimme ausschalten will, möchte ich nicht analysieren“, sagt er in der neuen Biografie „Benedikt XVI. – Ein Leben“ von Peter Seewad, die am Montag erschien.

Der frühere Kardinal Ratzinger betont in der neuen Biografie: „Die Behauptung, dass ich mich regelmäßig in öffentliche Debatten einmische, ist eine bösartige Verzerrung der Wirklichkeit.“ Der heute 93 Jahre alte Papst Benedikt hat nach eigenen Angaben eine sehr gute Beziehung zu seinem Nachfolger Franziskus. „Wie Sie wissen, ist die persönliche Freundschaft mit Papst Franziskus nicht nur geblieben, sondern gewachsen.“

Der emeritierte Papst äußert sich in dem Buch: „Vor hundert Jahren hätte es noch jedermann für absurd gehalten, von homosexueller Ehe zu sprechen. Heute ist gesellschaftlich exkommuniziert, wer sich dem entgegenstellt. Ähnliches gilt bei Abtreibung und für die Herstellung von Menschen im Labor.“ Die moderne Gesellschaft sei dabei, „ein antichristliches Credo zu formulieren, dem sich zu widersetzen mit gesellschaftlicher Exkommunikation bestraft wird. Die Furcht vor dieser geistigen Macht des Antichrist ist dann nur allzu natürlich.“ Nach Ansicht Ratzingers liegt „die eigentliche Bedrohung der Kirche“ in einer „weltweiten Diktatur von scheinbar humanistischen Ideologien“.

Der Journalist Peter Seewald hat damit sein Opus Magnum vorgelegt. Die Biografie wird womöglich Schlagzeilen machen. Ratzinger berichtet Seewald darin auch von der Liebe zu einer Frau: („Waren Sie verliebt in ein Mädchen?“ – „Vielleicht.“ - „Also ja?“ – „Könnte man so interpretieren.“ – „Wie lange hat diese leidvolle Zeit gedauert? Einige Wochen? Ein paar Monate?“ – „Länger.“). Seewald zeichnet Ratzinger als einen geradlinigen Mann, dessen theologische Ansichten Jahrzehnte überdauerten – und als das komplette Gegenteil des „Panzerkardinals“.