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Oberstes Gericht Trump feiert Berufung von Kavanaugh

Trotz Missbrauchsvorwürfen wird Brett Kavanaugh Richter am Obersten US-Gericht. Donald Trump nutzt die Berufung für einen Wahlaufruf.

07.10.2018, 08:42

Washington (dpa) l US-Präsident Donald Trump hat die Berufung seines umstrittenen Kandidaten Brett Kavanaugh an das Oberste Gericht überschwänglich gefeiert. Vor Anhängern in Kansas sprach der Republikaner am Samstagabend (Ortszeit) von "einem gewaltigen Sieg für unsere Nation, unser Volk und unsere geliebte Verfassung". Kavanaugh war kurz zuvor als Richter am Supreme Court vereidigt worden, nachdem ihn der Senat mit einer knappen Mehrheit bestätigt hatte. Im Kapitol und vor dem Obersten Gericht kam es zu Protesten, mehr als hundert Menschen wurden festgenommen. Mehrere Frauen werfen dem 53 Jahre alten Kavanaugh sexuelle Übergriffe vor.

Die Abstimmung im Senat fiel mit 50 zu 48 Stimmen denkbar knapp aus. Die oppositionellen Demokraten votierten bis auf Senator Joe Manchin gegen Kavanaugh. Die Republikanerin Lisa Murkowski enthielt sich, ein anderer Republikaner fehlte, weil er bei der Hochzeit seiner Tochter war.

Das Ergebnis ist trotz des knappen Ausgangs ein großer innenpolitischer Sieg für Trump. Kavanaugh ist bereits der zweite konservative Richter, den er an das wichtige Gericht berufen konnte. Im vergangenen Jahr hatte er Neil Gorsuch ernannt.

Trump zeigte sich bei seinem Auftritt am Samstagabend enthusiastisch und nutzte seinen Erfolg für einen flammenden Aufruf, bei den Kongresswahlen am 6. November für die Republikaner zu stimmen. Mehrfach wetterte er gegen die Demokraten. "Man gibt einem Brandstifter keine Streichhölzer und man übergibt die Macht nicht an einen wütenden, linken Mob", sagte er. "Die Demokraten sind zu extrem und zu gefährlich geworden, um zu regieren."

Welches der beiden politischen Lager von Verlauf und Ausgang des Streits mehr profitieren könnte, ist aber umstritten. Viel hängt nach Einschätzung amerikanischer Kommentatoren davon ab, welche Wählerschaft von dem Zwist stärker mobilisiert wird.

Der demokratische Fraktionschef Chuck Schumer appellierte  an die Gegner Kavanaughs, die Republikaner bei den Kongresswahlen abzustrafen. "Wenn Sie glauben, dass der Prozess hier im Senat eine Farce war und der Meinung sind, dass die Amerikaner etwas besseres verdienen, gehen Sie wählen." Die Nominierung von Kavanaugh sei einer der "traurigsten Momente" in der Geschichte des Senats, sagte Schumer.

Kavanaugh war extrem unter Druck geraten, nachdem mehrere Frauen, darunter die Psychologie-Professorin Christine Blasey Ford, ihm sexuelle Übergriffe in den 80er Jahren vorgeworfen hatten. Er bestreitet das.

Die Personalie war Gegenstand einer erbitterten parteipolitischen Auseinandersetzung. Die Republikaner hielten trotz der Vorwürfe an ihrem Kandidaten fest und warfen den Demokraten vor, den Fall politisch zu instrumentalisieren, um Trump zu schaden. Der Präsident erklärte am Samstag, er sei zu "100 Prozent" sicher, dass Ford Kavanaugh mit jemand anderem verwechselt habe.

Die Demokraten hatten große Vorbehalte gegen den erzkonservativen Richter und versuchten mit aller Macht, die Abstimmung hinauszuzögern. Sie hofften dabei auch darauf, dass sich nach den Kongresswahlen die Mehrheitsverhältnisse im Senat ändern könnten, wodurch sie den Kandidaten möglicherweise hätten verhindern können.

Rund um die Abstimmung kam es am Samstagnachmittag im Kapitol zu Protesten. Dabei wurden nach Angaben der Polizei 164 Menschen festgenommen. Einzelne Demonstranten unterbrachen die Abstimmung selbst, indem sie sich von der Zuschauertribüne mit wütenden Rufen an die Senatoren wandten. Später versammelten sich vor dem Supreme Court rund 200 Demonstranten.

Die Besetzung eines Postens am neunköpfigen Supreme Court ist in den USA ein großes Politikum. Die Richter dort werden auf Lebenszeit ernannt. Durch Kavanaughs Berufung verschiebt sich das politische Kräfteverhältnis weiter nach rechts. Einem liberalen Block aus vier Richtern steht nun ein konservativer Block aus fünf Richtern entgegen.

Diese Mehrheit stark konservativer Juristen könnte in absehbarer Zeit auch über die Frage entscheiden, ob etwa ein US-Präsident zur Aussage in einem Strafprozess gezwungen werden kann. Auch Entscheidungen zur Frage, wie Parteien den Zuschnitt von Wahlkreisen zu ihren Gunsten beeinflussen dürfen, könnten auf das Gericht zukommen.