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Terrorismus Doppelmord an Polizisten bei Paris

Ein Angreifer hat bei Paris eine Polizistenfamilie getötet und sich verschanzt. Der Messerangriff schürt Sorgen vor Anschlägen.

14.06.2016, 09:38

Paris (dpa) l Ein Terrorist hat in einem Vorort von Paris eine Polizistenfamilie getötet. Während des Angriffs hat sich der Täter auf die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) berufen. Nachdem er einen 42-jährigen Polizisten mit Messerstichen getötet hatte, verschanzte er sich in dessen Haus im westlichen Umland von Paris. Spezialkräfte der Polizei stürmten in der Nacht zum Dienstag das Gebäude und erschossen den Angreifer, sie fanden dort die Leiche der Lebensgefährtin des Polizisten. Der dreijährige Sohn des Paares überlebte.

Die Attacke genau sieben Monate nach den Pariser Terroranschlägen vom 13. November fällt mit der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich zusammen, die aus Furcht vor Anschlägen von Zehntausenden Polizisten geschützt wird.

Die Anti-Terror-Abteilung der Pariser Staatsanwaltschaft zog den Fall aufgrund des Vorgehens, des Ziels und der Äußerungen des Täters an sich, wie der Deutschen Presse-Agentur aus Justizkreisen bestätigt wurde. Der Mann habe sich bei Verhandlungen mit der Polizei-Spezialeinheit RAID auf den IS berufen. Die von der Terrormiliz als Sprachrohr genutzte Nachrichtenagentur "Amaq" berichtete zudem unter Verweis auf eine nicht näher spezifizierte Quelle, dass der Täter Kämpfer des IS gewesen sei.

Bei der Attacke auf den Polizisten vor dessen Haus in der Gemeinde Magnanville soll der Mann laut Augenzeugen auf Arabisch "Allah ist groß" gerufen haben, wie die Zeitung "Le Parisien" berichtete. Dann habe er die Frau und den dreijährigen Sohn als Geiseln genommen. Das Kind wurde von den Polizisten befreit und blieb unversehrt, stand aber unter Schock.

Die getötete Frau war selbst Beamtin des Innenministeriums und arbeitete nach Angaben des Staatsanwalts von Versailles, Vincent Lesclous, als Sekretärin im Polizei-Kommissariat der nahegelegenen Stadt Mantes-La-Jolie. Ihr Mann war laut "Parisien" stellvertretender Chef der Kriminalpolizei im ebenfalls nahegelegenen Les Mureaux.

Der in der Nacht zum Dienstag erschossene mutmaßliche Polizistenmörder war nach französischen Medienberichten wegen Terrorismus vorbestraft. Es handele sich um einen 25-jährigen Franzosen, der 2013 zu drei Jahren Haft verurteilt worden sei, berichteten die Zeitung "Le Monde" und der Sender Europe 1 übereinstimmend. Sechs Monate der Strafe seien zur Bewährung ausgesetzt worden.

In dem Prozess ging es demnach um ein Netzwerk, das Dschihadisten in das pakistanisch-afghanische Grenzgebiet brachte. Der Mann sei wegen "krimineller Vereinigung zur Vorbereitung von Terrorakten" schuldig gesprochen worden, so "Le Monde" unter Berufung auf Justizkreise. Eine offizielle Bestätigung für diese Informationen gab es zunächst nicht.

Präsident François Hollande verurteilte "diese abscheuliche Tat". Er sicherte zu, dass die Hintergründe vollständig aufgeklärt würden, und berief für Dienstagmorgen eine Sitzung im Élyséepalast ein. Innenminister Bernard Cazeneuve soll am Morgen zudem die Kommissariate von Les Mureaux und Mantes-la-Jolie besuchen.

Frankreich war im vergangenen Jahr mehrfach Ziel islamistischer Terroranschläge, denen insgesamt 149 Menschen zum Opfer fielen. Die schwerste Anschlagserie ereignete sich am 13. November, als IS-Terroristen mit Sturmgewehren und Sprengstoffgürteln im Pariser Musikclub "Bataclan", am Stade de France sowie in Bars und Restaurants der Hauptstadt 130 Menschen ermordeten.

Im Vorfeld der laufenden Fußball-EM hatten Behörden immer wieder auf eine anhaltend hohe Terrorgefahr in Frankreich hingewiesen. Nach übereinstimmenden Angaben gab es aber keine konkreten Hinweise auf Anschlagspläne gegen das Turnier.