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US-Botschaft Heikles Signal im Nahostkonflikt

Der Umzug der US-Botschaft nach Jerusalem ist eine Zäsur im Streit um die Heilige Stadt.

Von Stefanie Järkel, dpa 11.05.2018, 23:01

Jerusalem l "Schau“, sagt Daniel Jonas und zeigt aus dem Fenster seines Wohnzimmers auf die kleinen amerikanischen und israelischen Flaggen zwischen Bäumen am Straßenrand. Der 36-Jährige wohnt nur wenige Gehminuten von dem sandfarbenen Flachdachgebäude entfernt, das am Montag vom Konsulat- zum Botschaftsgebäude umgewandelt werden soll. Gemeinsam mit 19 anderen Anwohnern hat er dagegen eine Petition beim Höchsten Gericht eingereicht – erfolglos.

Eine US-Delegation mit Vize-Außenminister John Sullivan will die US-Botschaft im Jerusalemer Stadtteil Arnona feierlich eröffnen. Es ist der 70. Jahrestag der Staatsgründung Israels. Auch Präsidententochter Ivanka Trump und ihr Ehemann Jared Kushner werden erwartet.

Die Palästinenser haben zum Boykott der Zeremonie aufgerufen. Allerdings haben die USA außer Vertretern Israels nach Medienberichten auch keine Diplomaten anderer Länder eingeladen. Bei der Feier geht es vor allem um viel Symbolik, denn die Botschaft ist zunächst nur eine Übergangslösung. Israels Verteidigungsminister Avidgor Lieberman rechnet mit Protesten zur Eröffnung. Palästinenser haben eine Kundgebung in Ramallah im Westjordanland wegen des Tages der Nakba (Katastrophe) angekündigt. Dabei gedenken sie Hunderttausender, die nach der Staatsgründung Israels während des ersten Nahost-Krieges 1948 vertrieben wurden oder flohen.

Einheiten der israelischen Polizei seien rund um die Botschaft im Einsatz, sagt ein Polizeisprecher. Neue Überwachungskameras seien angebracht worden, um das Gelände zu kontrollieren.US-Präsident Donald Trump hatte im Dezember in einem historischen Alleingang Jerusalem einseitig als Israels Hauptstadt anerkannt. Dabei kündigte er auch die Verlegung der Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem an. Der Schritt wurde international scharf kritisiert. In den Palästinensergebieten kam es zu Unruhen mit Toten und Verletzten.

Israel hat den Ostteil Jerusalems 1967 im Sechstagekrieg erobert und beansprucht die ganze Stadt als Hauptstadt. Die Palästinenser fordern hingegen Ost-Jerusalem als Hauptstadt für einen künftigen eigenen Staat Palästina. Nach Ansicht der internationalen Gemeinschaft muss der Status Jerusalems in künftigen Friedensgesprächen zwischen Israel und den Palästinensern festgelegt werden.

Seit 2010 nutzen die USA das Gebäude für Konsulatsangelegenheiten. Der Komplex steht auf der Grünen Linie zwischen West-Jerusalem und einem größeren Gebiet, das früher sowohl von Israel als auch von Jordanien genutzt wurde, wie der Jerusalem-Experte Daniel Seidemann sagt. In der Innenstadt gibt es zudem das Hauptgebäude des Generalkonsulats. Die Umwandlung des Konsulatsgebäudes in Arnona ist noch keine Entscheidung über den langfristigen Botschaftsstandort. „Zunächst wird die Übergangsbotschaft in Arnona Bürofläche für den Botschafter und einen kleinen Stab enthalten“, sagt ein Vertreter des US-Außenministeriums. Bis Ende kommenden Jahres sei die Eröffnung eines Botschaftsanbaus auf dem Gelände geplant. Zudem sei mit der Suche nach einem Standort für die ständige Botschaft begonnen worden.

Die US-Botschaft in Tel Aviv wird zur Botschafts-Zweigstelle, wie der Vertreter sagt. Weiterhin können dort unter anderem Israelis Visa für die Einreise in die USA bekommen. Um das Konsulat in Jerusalem als Botschaft nutzen zu können, haben die Amerikaner allerdings eine Fluchtstraße für den Botschafter bauen lassen. Trump sprach selbst davon, dass die Kosten für die erste Phase hin zur Botschaft weniger als 400.000 Dollar (knapp 340.000 Euro) betragen würden. Geplant ist zudem eine mindestens drei Meter hohe Mauer statt des aktuellen Metallzaunes.

Nach einer Umfrage des israelischen Demokratie-Instituts befürworten fast zwei Drittel der Israelis die Verlegung der US-Botschaft. „Das ist kein Traum – das ist Realität“, sagt auch Bürgermeister Nir Barkat. „Jerusalem ist die ewige Hauptstadt des jüdischen Volkes – und die Welt beginnt, diesen Fakt anzuerkennen.“