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Coronavirus Wieder mehr als 4000 Neuinfektionen

Die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Deutschland lag wieder deutlich über 4000. Nun gibt es Kritik am Vorgehen der Bundesländer

10.10.2020, 09:22

Berlin (dpa) l Zum dritten Mal in Folge hat es in Deutschland mehr als 4000 Neuinfektionen mit dem Coronavirus binnen einen Tages gegeben. Köln überschritt als weitere deutsche Großstadt die wichtige Warnstufe von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen. Wirtschaftsverbände laufen unterdessen Sturm gegen das uneinheitliche Vorgehen der Bundesländer bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie.

Innerhalb eines Tages haben die Gesundheitsämter in Deutschland nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) vom Samstagmorgen (10. Oktober) 4721 neue Corona-Infektionen gemeldet. Von Mittwoch auf Donnerstag war der Wert von 2828 auf 4058 erheblich gestiegen, von Donnerstag auf Freitag lag das Plus bei 4516.

Seit Beginn der Corona-Krise haben sich nach RKI-Angaben mindestens 319.381 Menschen in Deutschland nachweislich mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert (Datenstand 10. Oktober, 0 Uhr). Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion lag demnach bei 9604. Das waren 15 mehr als am Vortag. Etwa 273.500 Menschen haben die Infektion nach RKI-Schätzungen überstanden.

Die Reproduktionszahl, kurz R-Wert, lag nach RKI-Schätzungen in Deutschland laut Lagebericht vom Freitag bei 1,34 (Vortag: 1,17). Das bedeutet, dass ein Infizierter im Mittel mehr als einen weiteren Menschen ansteckt. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab.

Zudem gibt das RKI in seinem aktuellen Lagebericht ein sogenanntes Sieben-Tage-R an. Der Wert bezieht sich auf einen längeren Zeitraum und unterliegt daher weniger tagesaktuellen Schwankungen. Nach RKI-Schätzungen lag dieser Wert nach Angaben vom Freitag bei 1,37 (Vortag: 1,22). Er zeigt das Infektionsgeschehen von vor 8 bis 16 Tagen.

Die Stadt Köln hat unterdessen die wichtige Warnstufe von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen überschritten. Das nordrhein-westfälische Landeszentrum Gesundheit gab den Wert für die Millionenstadt am Samstag mit 54,8 an. Die Kölner Stadtverwaltung hatte das Überschreiten der Schwelle erwartet und deshalb von diesem Samstag an bereits zahlreiche Einschränkungen für das öffentliche Leben angeordnet.

Auf Straßen und Plätzen darf abends ab 22 Uhr kein Alkohol mehr konsumiert werden. An den Wochenenden gilt an Party-Hotspots ein Verkaufsverbot für Alkohol. Außerdem dürfen sich nur noch bis zu fünf Personen aus verschiedenen Haushalten in der Öffentlichkeit treffen – bisher waren es zehn. In Fußgängerzonen müssen die Menschen Masken tragen. Eine Sperrstunde wie in Berlin werde zunächst aber nicht eingeführt, hatte Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) am Freitag betont.

Zudem wurde die Personenzahl bei Feiern beschränkt: Bei privaten Feiern in angemieteten Räumen sind künftig höchstens 25 Personen erlaubt. "Von Feiern in der eigenen Wohnung raten wir dringend ab", hatte Reker gesagt. Mehr als zehn Personen sollten dort nicht zusammenkommen.

Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, kritisierte "unkoordinierte Regelungen" bei Beherbergungsverboten. Dies sorge aktuell für große Verunsicherung bei den Unternehmen, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Schließlich hätten gerade die Betriebe in der Tourismuswirtschaft sichere Hygienekonzepte ausgearbeitet, digitale Lösungen entwickelt und sich unter erschwerten Bedingungen weiter engagiert.

Die Hauptgeschäftsführerin des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga, Ingrid Hartges, bezeichnete es als  "völlig unbefriedigend, dass wir keine bundeseinheitlichen Regelwerke haben". Gäste wie Hoteliers hätten unzählige Fragen und wüssten nicht, was jetzt im Detail gelte. "Daher muss dringend mehr Einheitlichkeit her", forderte Hartges in der "Passauer Neuen Presse" (Samstag). So müsse zum Beispiel generell klar sein, dass Geschäftsreisende von den Beherbergungsverboten ausgenommen werden.

Unmut kommt auch aus der Ärzteschaft. Der Chef des Kassenärzte Verbandes, Andreas Gassen, warf den Ländern auch überzogene Maßnahmen vor. "Diese Regelungswut ist oft eher kontraproduktiv", sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag). Gassen bezeichnete innerdeutsche Reisen als "Pseudo-Gefahr". Masseninfektionen gebe es durch traditionelle Großhochzeiten, in Fleisch verarbeitenden Betrieben und durch unkontrolliertes Feiern. Auch Sperrstunden und Alkoholverbote wie in Berlin seien "mehr als fragwürdig". "Durch den Wust an nicht nachvollziehbaren Regelungen verlieren wir aber eventuell die Akzeptanz für die Maßnahmen, die wirklich etwas bringen", warnte Gassen.

Warnungen, die Pandemie könnte außer Kontrolle geraten, wertete er als überzogen. "Wir müssen aufhören, auf die Zahl der Neuinfektionen zu starren wie das Kaninchen auf die Schlange, das führt zu falschem Alarmismus", sagte Gassen. "Selbst 10.000 Infektionen täglich wären kein Drama, wenn nur einer von 1000 schwer erkrankt, wie wir es im Moment beobachten."

Der Virologe Christian Drosten hält in den kommenden Monaten wieder mehr bundeseinheitliche Regelungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie für notwendig. "Es ist gut, wenn es klare Regeln gibt. Das ist ganz eindeutig", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag). Sie durchzusetzen, sei angesichts einer regional unterschiedlichen Häufigkeit der Krankheit derzeit verständlicherweise noch schwierig, räumte der Experte ein. Er betonte aber: "Das Virus wird sich immer gleichmäßiger verteilen. Wir werden mehr und mehr in eine Situation kommen, wo man besser pauschal reguliert".