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Attacke in Berlin Prozess gegen U-Bahn-Treter beginnt

Der Tritt kam aus dem Nichts, eine junge Frau stürzt in einem Berliner U-Bahnhof die Treppe hinunter. Der Prozess gegen den Treter beginnt.

14.06.2017, 23:01

Berlin (dpa) l Eine Videokamera hat die Gewalttat dokumentiert. Ein Mann mit einer Bierflasche in der Hand versetzt einer wildfremden jungen Frau von hinten einen Fußtritt. Die völlig überraschte Passantin knallt mit dem Gesicht voran die Betontreppe von einem Berliner U-Bahnhof hinunter. Am Donnerstag beginnt nun der Prozess gegen den mutmaßlichen U-Bahn-Treter am Landgericht der Hauptstadt. Dem 28-Jährigen wird gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Die Attacke hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst.

Zu dem Angriff kam es laut Gericht in einer Nacht Ende Oktober 2016 im U-Bahnhof Hermannstraße in Neukölln. Die damals 26-Jährige erlitt einen Armbruch und eine Kopfverletzung. Die Frau tritt nun in dem Prozess als Nebenklägerin auf. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Angriff das Potenzial hatte, "ihr Leben zu gefährden". Bei einer Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung droht eine Haftstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

Der Angeklagte muss sich zudem wegen exhibitionistischer Handlungen verantworten. Zwei Wochen vor der mutmaßlichen Attacke im U-Bahnhof soll sich der Verdächtige mitten am Tag auf einem Parkplatz im Stadtteil Reinickendorf vor zwei Frauen entblößt und masturbiert haben, 35 Minuten später habe er dies in einer Grünanlage vor einer Zeugin wiederholt.

Der Verdächtige sitzt in Untersuchungshaft. Er war zunächst untergetaucht und mit Haftbefehl gesucht worden. Während viele den Mann noch in seiner bulgarischen Heimat vermuteten, wurde er kurz vor Weihnachten in Berlin gefasst, als er auf dem Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) aus Südfrankreich ankam. Bei der Festnahme war den Ermittlern der Zufall zu Hilfe gekommen. Wegen einer Präventionskampagne gegen Taschendiebe waren viele Polizisten zufällig in der Nähe des Busbahnhofs. Zivile Fahnder baten um Unterstützung, einige uniformierte Kollegen verstärkten dann schnell die Einsatztruppe.

Nach der Attacke waren erneut Forderungen nach mehr Videoüberwachung laut geworden. Der Bund deutscher Kriminalbeamter argumentierte, Überwachungskameras könnten Täter abschrecken. In Berlin sind alle U-Bahnen und U-Bahnhöfe sowie Straßenbahnen und die meisten Busse mit Videokameras ausgestattet. Bewegung in den Fall war erst gekommen, nachdem die Polizei nach wochenlangen Ermittlungen die Bilder veröffentlicht hatte.

Zunächst war ein jüngerer Bruder des Verdächtigen festgenommen worden. Er kam aber wieder frei, ihm war keine unmittelbare Tatbeteiligung nachzuweisen. Wenig später hatten die Ermittler Klarheit über die Identität des mutmaßlichen Haupttäters. Ermittelt worden war zunächst gegen drei Brüder und einen Kumpel von ihnen. Angeklagt ist nur der 28-Jährige.

Der Mann ist nach Angaben von Ermittlern in Deutschland nicht vorbestraft. In seinem Heimatland soll er bei Polizei und Justiz mehrfach aufgefallen sein – unter anderem wegen Diebstahls und Fahrens ohne Führerschein. Den Angriff auf dem U-Bahnhof soll der 28-Jährige bei den Ermittlern zugegeben haben.