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SED-Siedlung Denkmalschutz für Wandlitz

Die DDR-Führung wohnte abgeschirmt in Wandlitz. Brandenburg stellt Teile der SED-Bonzensiedlung jetzt unter Denkmalschutz.

11.06.2017, 23:01

Bernau/Wandlitz (dpa) l Hermetisch abgeriegelt und fast versteckt lebte die SED-Führung in der Waldsiedlung Wandlitz nahe Berlin. Fast 28 Jahre nach dem Mauerfall ist von der Historie nicht mehr viel zu sehen. Der grüne Zaun ist fast verschwunden. Autos drängeln sich über asphaltierte Wege der heutigen Reha-Klinik. Patienten spazieren durch die Waldlandschaft. Als markantes Element der DDR-Historie ist noch das gusseiserne Eingangstor zu sehen. Das Ensemble der sanierten Einfamilienhäuser der SED-Spitzenfunktionäre erinnert nur noch entfernt an die abgeschottete Siedlung von einst.

Damit sich nachfolgende Generationen vom Politik- und Lebensstil der SED-Machtelite, deren Privilegien und der Realität der DDR-Bevölkerung ein Bild machen können, stellt das Land Brandenburg jetzt Teile des SED-Privatrefugiums unter Denkmalschutz. Dazu gehören das Eingangstor, die Villa des einstigen Machthabers Walter Ulbricht sowie der frühere Funktionärsclub. Er ist heute ein Kursaal, wie Klinikbetreiber Kurt-Josef Michels erklärt.

Damit vollzieht Brandenburg eine Wende. Einst hatte das Land den Denkmalschutz-Status für das Areal abgelehnt. Begründung: Das Gebäude-Ensemble habe keine architektonischen Besonderheiten. Zudem sei der zentrale Charakter der Siedlung verschwunden, weil die Umzäunung weg sei, erklärt der Sprecher des Kulturministeriums, Stephan Breiding. Außerdem lag Anfang der 1990er Jahre der Fokus auf dem Erhalt des baukulturellen Erbes aus früheren Zeiten. Inzwischen interessiere sich die Öffentlichkeit aber wieder für die DDR-Historie.

Klinikbetreiber Michels freut sich: „Ich kann nur sagen, dass ich die Unterschutzstellung begrüße.“ Er habe sich fast drei Jahrzehnte mit Denkmalschutzfragen allein gelassen gefühlt. Er hatte die Waldsiedlung 1990 vom damaligen Landkreis Bernau übernommen. Zuvor mussten alle SED-Funktionäre das Areal bis Ende Januar 1990 verlassen. Das DDR-Gesundheitsministerium quartierte alsbald Reha-Patienten der DDR-Sozialversicherung ein.

Michels berichtet von einem Besuch mit dem damaligen Rentenversicherungschef Herbert Rische. Das Urteil des BfA-Präsidenten: „Die 23 Häuser entsprechen nicht unserem Standard! Da müssen Sie bauen.“ Michels erhielt ein Erbbaurecht für 99 Jahre, zog ein zentrales Klinikgebäude in der Waldsiedlung hoch und sanierte 22 der 23 Funktionärshäuser. Um Denkmalschutz musste er sich wenig kümmern.

Rückendeckung erhielt er vom damaligen Potsdamer Ministerpräsidenten Manfred Stolpe und seiner Gesundheitsministerin Regine Hildebrandt. Der SPD-Politiker habe ihm erklärt, er könne mit den Häusern machen, was er wolle. Aber: „Lassen Sie mir das Haus Ulbricht so zurück. Das wird in der Geschichte der DDR irgendwann einen großen Stellenwert haben“, habe ihm Stolpe ans Herz gelegt. Der Zeitpunkt scheint jetzt gekommen zu sein.

Auf dem Areal ist ein Leitsystem mit Aufstellern und QR-Codes vor wichtigen Gebäuden errichtet worden. Darüber werde die Historie nachvollziehbar, sagt Historikerin Elke Kimmel, die sich wissenschaftlich mit Wandlitz beschäftigt hat. Viele DDR-Bürger hätten in der Waldsiedlung goldene Wasserhähne und märchenhafte Verhältnisse vermutet. Nach der Wende kam aber schnell Ernüchterung auf. Kimmel: „Für DDR-Verhältnisse war das schon Luxus, es hatte mit westlichem Lebensstil aber nur wenig zu tun.“