1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Deutschland
  6. >
  7. „Dann liegt die Revolution in der Luft“

Corona „Dann liegt die Revolution in der Luft“

In einem Gastbeitrag für den „Spiegel“ hat der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Marco Buschmann, über Corona geschrieben.

30.03.2020, 23:01

Berlin (dpa) l  „Lange werden sich das die Leute nicht mehr gefallen lassen.“ Buschmann warnte vor einer Radikalisierung der Mittelschicht und einem „Zusammenbruch politisch geordneter Verhältnisse“, der „unfassbares Leid“ auslösen könne.

Wenn die deutsche Mittelschicht den Eindruck erlangen sollte, „dass ihre Belange und Bedürfnisse angesichts der Bedrohung ihrer sozialen Lage nicht ins Zentrum der deutschen Politik rücken und dort zu einer klaren Änderung der Prioritäten führen“, dann liege „irgendwann Revolution in der Luft“.

In der Debatte um eine Lockerung der Kontaktverbote in der Corona-Krise haben die Grünen Sachlichkeit angemahnt. „Eine offene Debatte, wie wir aus der Krise herauskommen, ist notwendig“, sagte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann, man müsse sie sachlich führen. „Alarmismus ist das Gegenteil von Vernunft und Sachlichkeit, die jetzt so dringend nötig sind.“

Sie hielt entgegen, dass die Corona-Pandemie allen in den Familien, im Gesundheitssystem, am Arbeitsplatz, in der Wirtschaft und in unserer sozialen Gemeinschaft „wahnsinnig viel“ abverlange. „Wir erleben tiefe Einschnitte in unser aller Freiheits- und Bürgerrechte, und unsere Lebensgewohnheiten verändern sich massiv.“ Viele Menschen treibe die große Sorge um ihre Gesundheit und ihre Zukunft um. „Da dreht man doch nicht noch weiter auf Alarmismus“, kritisierte sie.

Ex-Außenminister Sigmar Gabriel hat der Europäischen Union Versagen bei der Bewältigung der Corona-Krise vorgeworfen. „Offensichtlich haben wir eine Schönwetter-EU, denn in der größten Bewährungsprobe seit ihrer Gründung versagt sie bisher vollständig“, sagte der Ex-SPD-Chef im ZDF-Politmagazin „Berlin direkt“. „Das Schlimmste war sicher am Anfang, dass selbst wir Deutschen nicht bereit waren, dorthin, wo die Menschen schon reihenweise umfielen und starben, nämlich nach Norditalien, Hilfsmittel zu liefern.“

Gabriel stellte die Frage, ob es so dramatisch gewesen wäre, wenn Deutschland statt 156 Milliarden Euro an neuen Schulden 166 Milliarden aufgenommen hätte – und dann 10 Milliarden den Italienern und Spaniern als Ersthilfe zur Verfügung gestellt hätte. „Die beiden Länder hätten es uns vermutlich 100 Jahre gedankt, wenn wir das gemacht hätten. So werden sie sich daran erinnern, dass nicht ihre Nachbarvölker ihnen helfen – sondern die Chinesen.“ Jetzt sei es so, dass Deutschland den Eindruck vermittele, genauso zu handeln wie Amerika – „und zwar nicht nur wir in Deutschland, sondern jedes europäische Land, nämlich: My nation first! Wir denken an uns, nicht an den Nachbarn.“

Gabriel warf auch den USA vor, Chancen verpasst zu haben. „Man stelle sich mal vor, wir hätten einen amerikanischen Präsidenten, der eine Rede halten würde und sagt: Die gesamte Stärke Amerikas packen wir jetzt in die Fertigung von Medizinprodukten, von Beatmungsgeräten, von Hilfsmaterialien – und zwar für unsere eigene Bevölkerung, aber auch für alle, die Hilfe brauchen. Was das für ein Signal der alten großen westlichen Führungsmacht Amerika gewesen wäre!“ Stattdessen erlebe man heute, wie sich die beiden großen Länder USA und China mit Verschwörungstheorien eindeckten.