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Ex-Sportler Plötzlich Schlagersänger

Ex-Gewichtheber Matthias Steiner wird Schlagersänger. Damit ist er nicht der erste Sportler, der die "Disziplin" wechselt.

11.04.2017, 23:01

Berlin (dpa) l Die Welt ist voller Multitalente. Matthias Steiner – vor neun Jahren Olympiasieger im Gewichtheben – wandelt sich gerade zum Schlagerstar. In Kürze erscheint sein Album „Zurückgeliebt“. Und er ist in der ZDF-Show „Willkommen bei Carmen Nebel“ zu sehen. Der frühere Leistungssportler ist allerdings nicht der erste, der den Beruf wechselt und plötzlich das Musikgeschäft erobern will.

„So plötzlich mache ich gar nicht Musik“, sagt Steiner. Er sei mit Musik großgeworden, habe Akkordeon und Klavier gelernt. „Ich hab meinen ersten öffentlichen Auftritt in der Tat mit dem Klavier gehabt - und nicht mit der Hantel.“ Musik habe ihn auch all die Jahre im Leistungssport begleitet. Er habe immer gern gesungen und wolle nun zeigen, was er in den vergangenen Jahren erarbeitet habe. „Ich hab in der Zwischenzeit auch Vocalcoaching genommen, weil ich natürlich auch den Anspruch habe, wenn man singt, dann sollte man das auch live gut können.“

Mitunter fließend ist in erster Linie auch die Grenze zwischen Film- und Musikbranche. Bei Schauspielern hat gefühlt inzwischen jeder zweite eine Gesangskarriere laufen: jüngst etwa Matthias Schweighöfer. Aber auch Tom Schilling und „Tatort“-Stars wie Ulrich Tukur, Jan Josef Liefers und Axel Prahl. Fernseh-Star Anna Loos ist auch Frontfrau der Rockband Silly.

Sportler tauchen dagegen eher seltener in den deutschen Charts auf. Unvergessen: „Kaiser“ Franz Beckenbauers wachsweiche Stimme im Lied „Gute Freunde kann niemand trennen“.

Es gibt aber auch andere Beispiele von prominenten Fußballern, die sich für eine temporäre Gesangskarriere entschieden. Torwart-Legende Petar „Radi“ Radenkovic von 1860 München landete 1965 mit „Bin i Radi – bin i König“ auf Platz fünf der deutschen Hitparade.

1979 schaffte es HSV-Ikone Kevin Keegan mit „Head Over Heels In Love“ bis auf Platz zehn. Eine Ausnahme bilden Schlagerkünstler wie der frühere Skirennläufer Hansi Hinterseer, Ex-Leichtathlet Martin Lauer oder Hans-Jürgen Bäumler, ehemals Eiskunstläufer. Sie hatten nach ihrer Sportlerlaufbahn eine durchaus ertragreiche Zweitkarriere.

Der Kölner Kommunikationswissenschaftler Thomas Schierl, Herausgeber des Buchs „Prominenz in den Medien. Zur Genese und Verwertung von Prominenten in Sport, Wirtschaft und Kultur“, sagt: „Das ist kein neues Phänomen, dass jemand von einem Betätigungsfeld in ein anderes wechselt – Sportler gab es schon viele, denken Sie nur an Johnny Weissmüller, Arnold Schwarzenegger, Bud Spencer oder Jason Statham, die zu Filmstars wurden.“

Was sich geändert habe, sei die Vielzahl und der Variantenreichtum. „Es gibt Fälle, wo das nicht so auffällig ist, etwa wenn Sportler in die Medien wechseln, als Experte oder Journalist. Dabei geht es oft darum, dass etwas Glanz und Prominenz auf die Sendung oder Übertragung strahlt.“

Thomas Schierl ergänzt: „Sportler bauen Prominenz auf. Prominenz ist ein soziales Kapital, das Aufmerksamkeit produziert. Und Aufmerksamkeit ist ein sehr knappes Gut in unserer Gesellschaft. Und das kann man in Geld umwandeln.“

Genauso sieht es auch Matthias Steiner, der seine Prominenz mit Begeisterung investiert: „Ich hab in den letzten Jahren gemerkt, wie viel ich bewegen kann.“