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Kriminalpolizei Polizei rätselt über ausgesetzte Babys

Im Abstand von jeweils einem Jahr werden in Berlin drei ausgesetzte neugeborene Mädchen lebend gefunden. Die drei sind Schwestern.

17.05.2018, 23:01

Berlin (dpa) l Die drei neugeborenen Babys waren erst wenige Stunden alt. Und sie hatten Glück, dass sie überlebten. Es kann schon kalt werden in den Berliner Nächten im Spätsommer und Frühherbst. Die winzigen Mädchen hatten kaum etwas an, als sie im Abstand von etwa je einem Jahr ausgesetzt wurden – 2015, 2016 und 2017. Aber alle drei wurden rechtzeitig gefunden, versorgt und gerettet. Zwei Jahre nach dem ersten Fund stellt die Berliner Polizei fest: Die drei Babys haben dieselbe Mutter und vermutlich auch den denselben Vater.

In Deutschland ist das ein einmaliger Fall. Trotzdem ist die Kriminalpolizei bei der Suche nach der Mutter bis heute nicht erfolgreich – und kann die Sorge nicht ganz zurückweisen, dass die Serie weitergeht. Legt dieselbe Mutter in diesem Sommer ein viertes Baby irgendwo im Berliner Norden ab?

Oberkommissar Schwarz (40) vom Berliner Landeskriminalamt gehört zu den Ermittlern in diesem Fall und zeigt sich optimistisch, die Mutter zu finden.

Das erste Baby finden Passanten am 2. September 2015 an einer Bushaltestelle im Norden der Stadt. Es liegt auf einem Kopfkissen, trägt einen Strampelanzug und ein Babyjäckchen. In der Nähe filmte eine Überwachungskamera, wie eine Frau etwas zu der Haltestelle trägt, ablegt und wieder verschwindet. Es sei schon dunkel gewesen, sagt Schwarz. Das Gesicht der Frau könne man nicht erkennen. 20 bis 30 Jahre soll sie alt gewesen sein, mittelgroß und schlank, mit mindestens schulterlangen, dunklen Haaren, wie die Polizei damals schrieb.

Elf Monate später, am 6. August 2016 um 6.30 Uhr, entdecken Anwohner ein zweites Baby auf den Stufen eines Einfamilienhauses – fünf Kilometer entfernt vom ersten Fundort. „Der Säugling hatte bereits eine leicht abgesenkte Temperatur, war aber noch nicht in einem bedrohlichen Zustand“, sagt Schwarz. Ein gutes Jahr später das dritte Baby. Es liegt am 27. August 2017 vor einem Haus in Brandenburg, weniger als zwei Kilometer vom ersten Fundort entfernt.

Emma, Lilo und Hanna werden die drei Mädchen genannt. Sie leben bei Pflegeeltern, sagt Schwarz. Ob es sich um eine oder verschiedene Familien handelt, wisse er nicht. Aber es gehe den Kindern gut.

Die Handtücher, die bei dem zweiten und dritten Baby gefunden wurden, sind voll mit Blutspuren von der Mutter. Leider gebe es aber bis auf das DNA-Muster noch keine Anhaltspunkte, wer sie ist, wo sie sich aufhält, unter welchen Umständen sie lebt und unter welchen Zwängen sie agiert, so der Kommissar. Die Kripo habe umfangreich im Umfeld der Fundorte ermittelt, Nachbarn und diverse Ärzte befragt, es habe sich aber nichts ergeben. Spekulationen, es könne sich um Flüchtlinge handeln, wies die Polizei zurück. Die Kinder hätten alle mitteleuropäisches Aussehen.

Die Polizei will die Mutter nicht nur wegen des Strafverfahrens finden. Es gehe auch um die Zukunft der drei Mädchen. „Psychisch ist das für die Kinder, vielleicht jetzt noch nicht, aber später mit Sicherheit eine Belastung“, sagte Schwarz. „Wenn irgendwann die Frage kommt, wo komme ich denn her, wer sind meine Eltern?“