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Rechtsextremismus Mann mit Nazi-Tattoo kein Polizist mehr

Das Bundesverwaltungsgericht Leipzig hat entschieden, dass ein mutmaßlich rechtsextremer Polizist kein Beamter mehr sein darf.

17.11.2017, 18:51

Leipzig/Berlin (dpa) l Ein Polizist, der seine rechtsextreme Überzeugung durch einschlägige Tattoos nach außen trägt, darf kein Beamter sein. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Freitag entschieden. (Az.: BVerwG 2 C 25.17) Es gab damit in dritter Instanz dem Land Berlin Recht, das bereits 2007 gegen einen Polizisten Disziplinarklage erhoben und diesen suspendiert hatte. In den beiden Vorinstanzen hatte jeweils noch der Beamte gewonnen, der bislang noch seinen Dienstbezüge erhalten hatte.

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) zeigte sich insbesondere wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung über die Entscheidung erfreut. "Die unbedingte Treue zum Grundgesetz und zu den Werten unserer Verfassung ist die fundamentale Voraussetzung für Polizistinnen und Polizisten. Bei Menschen, die das Gewaltmonopol des Staates ausüben, darf es nicht den Hauch eines Verdachts geben", teilte der SPD-Politiker am Freitag mit.

"Wer sich – offen oder verdeckt – extremistisch äußert und verhält, hat in unserer Polizei nichts zu suchen." Er zeigte sich zufrieden, dass das Land Berlin konsequent gegen diesen rechtsextremistischen Geist vorgegangen sei. "Es zeigt mir, dass unsere Kontroll- und Sanktionsmechanismen funktionieren." Auch die Polizei sah sich bestätigt.

Die Berliner Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte, jetzt sollte schnellstmöglich geklärt werden, ob diese Person noch Verbindungen zu gleichgesinnten Sympathisanten im aktiven Dienst hat. Jahrelange habe ein Nazi vom "lahmenden System" profitiert. "Wir sind froh, dass das Bundesverwaltungsgericht heute endlich einen Riegel vorgeschoben hat", sagte Sprecher Benjamin Jendro.

In der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ging es um das sehr grundsätzliche Problem, ab wann ein Beamter seine besondere Pflicht zur Verfassungstreue verletzt. Seit 1975 gelten dazu die Grundsätze des Bundesverfassungsgericht, damals aufgestellt in einem Beschluss zu sogenannten Radikalenerlass. Das bloße Haben und das bloße Mitteilen einer politischen Meinung ist demnach noch keine Verletzung der Treuepflicht. Doch ab wann kippt das so, dass ein Beamter sich eben nicht mehr wie gefordert in besonderer Weise zu Staat und Verfassung bekennt?

Der 1974 geborene Polizist aus Berlin trägt Runen-Tattoos. Dass auch die Noten des Horst-Wessel-Liedes auf seiner Haut prangen, wollte er bis zur mündlichen Verhandlung am Donnerstag in Leipzig gar nicht gewusst haben. "Wäre mir neu", antwortete der Mann auf den Vorhalt der Klavier spielenden Bundesrichter, die offensichtlich zur Überprüfung in die Tasten gegriffen hatten. Von dem Mann existieren Fotos, auf denen er den Hitlergruß zeigt, und in seiner Wohnung wurden umfangreiche Nazi-Devotionalien gefunden.

"Die Treuepflicht eines Beamten kann auch durch das Tragen von Tätowierungen mit verfassungswidrigem Inhalt verletzt werden", entschied der 2. Senat. Der Körper werde durch Tattoos bewusst als Kommunikationsmedium eingesetzt. "Es ist beinahe kaum eine intensivere Bekundung der inneren Einstellungen denkbar, als sich diese eintätowieren zu lassen und sie so nach außen wirksam werden zu lassen", sagte der Vorsitzende Richter Ulf Domgörgen.

Da Tätowierungen aber auch viel Spielraum für Interpretationen ließen, komme es immer auf eine Würdigung der Gesamtumstände an, erklärte Domgörgen. Im Fall des Berliner Polizisten kamen die Bundesrichter zu dem Schluss, dass er sich trotz aller Lippenbekenntnisse zum Grundgesetz grundsätzlich und dauerhaft von den Prinzipien der Verfassungsordnung abgewendet hat.