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Forschung Gemüseanbau im Weltall

Weltraummissionen könnten mehrere Jahre dauern. Nichts als Astronautennahrung? Forscher arbeiten an frischen Alternativen.

24.03.2016, 23:01

Merritt Island (dpa) l Wer den Film „Der Marsianer“ gesehen hat, der ahnt es: Kartoffelanbau auf dem Mars ist nichts für Anfänger. Der auf dem Roten Planeten gestrandete Astronaut Mark Watney (Matt Damon) zumindest steht dabei bis zu den Knöcheln in den eigenen Exkrementen, die den Knollen als Nährboden dienen.

Doch mit Blick auf künftige Weltraummissionen weit über den Mond hinaus wird die Fiktion bereits Wirklichkeit: Forscher arbeiten an Wegen, auch fern der Erde Gemüse zu züchten und Astronauten so die Möglichkeit zu geben, sich auf langfristigen Missionen selbst zu versorgen.

Das Foto des Astronauten Scott Kelly, der auf der Raumstation ISS an einem dunkelroten Salatblatt knabbert, zog in Internet und Medien seine Kreise. Der rote Romanasalat war an Bord der ISS gezüchtet worden – auf kleinen Nährbodenpäckchen, beschienen von roten und blauen LED-Leuchten. Wasser, Licht und bestimmte Nährstoffe braucht es zum Pflanzenwachstum. Der Botaniker Ray Wheeler entwickelte bei der US-Raumfahrtagentur Nasa mit Kollegen das nun auf der ISS erprobte Anbau-System „Veggie“, das frischen Salat und auch Blumen sprießen ließ. Grundsätzlich wären Kartoffeln, Süßkartoffeln, Weizen und Sojabohnen weitere geeignete Kandidaten, sagt Wheeler. Sie lieferten Kohlenhydrate, Sojabohnen wichtige Proteine. „Zusammen mit dem Salat ergäbe das schon eine recht gute Ernährung.“

Vielleicht gibt es bald auch Gurken und Tomaten in der Umlaufbahn? Mit Kartoffeln wurden schon Erfahrungen gemacht – allerdings nur irdische. In einer Biomasse-Produktions-Kammer der Nasa in Cape Canaveral wachsen Kartoffeln von der Außenwelt abgeschlossen heran. Unter Kunstlicht und in schräg gestellten Pflanzschalen, die nicht genutztes Wasser und Nährstoffe unten wieder sammeln. „Wir müssen über Ernährungsdinge nachdenken. Was schmeckt gut? Denn wenn es keiner essen will, funktioniert die Sache nicht“, betont Wheeler.

Seit kurzem arbeitet die Nasa im Kennedy Space Center auf Merritt Island auch an einem autonomen Pflanzen-Modul, das an eine Wohneinheit – etwa auf dem Mars – angedockt werden könnte. In dem röhrenähnlichen Mini-Treibhaus sollen die Pflanzen auf einer Fläche von rund 20 Quadratmetern platzsparend in Etagen wachsen. Das Kondenswasser wird gesammelt, um damit bei Bedarf erneut zu bewässern. Das alles soll, ebenso wie die Nährstoffzufuhr, komplett automatisch geregelt werden.

Ein wichtiges Thema ist dabei das Licht: Der weiter von der Sonne entfernte Mars bekommt nur knapp die Hälfte der irdischen Sonneneinstrahlung ab. „Auf dem Mars gibt es auch schwere Staubstürme, die viel Sonnenlicht abhalten können. Das ist ein Problem, auch wenn wir Photovoltaik-Anlagen einsetzen“, gibt Wheeler zu bedenken.

Auch ist noch unklar, inwieweit sich die stärkere ultraviolette Strahlung, der veränderte Luftdruck und die Gravitation auf das Wachstum auswirken könnten. Letzteres versuchen auch deutsche Forscher herauszufinden. In dem DLR-Projekt „Eu:CROPIS“ sollen 2017 Tomaten in einem Forschungssatelliten mit Mini-Gewächshaus in die Umlaufbahn geschickt werden, in zwei Modulen unterschiedlich starken Gravitationskräften ausgesetzt. So werden die Bedingungen von Mars und Mond simuliert.

Zugleich hat das Team um Hauslage ein Biofilter-Verfahren entwickelt, das Urin in Pflanzendünger umwandelt und aus dem Ammoniak über Nitrit Nitrat macht. „Urin ist da wesentlich wertvoller als Stuhl“, betont Hauslage mit Blick auf die Anbaupraxis des „Marsianers“ Watney.

Ein Problem müssen die Forscher noch lösen. „Um einen Menschen zu ernähren, braucht man 100 Quadratmeter Anbaufläche“, so der DLR-Fachmann. Viel Platz also. Zudem dauert es Monate, bis die Ernte eingefahren werden kann.