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Flüchtlingskrise Nato zieht in den Kampf

Die Nato wird sich erstmals in ihrer Geschichtean der Jagd auf skrupellose Menschenschmuggler beteiligen.

11.02.2016, 23:01

Brüssel (dpa) l Für das größte Verteidigungsbündnis der Welt war ein Einsatz in der Flüchtlingskrise bislang kein Thema. Deutschland und die Türkei veranlassen nun eine radikale Kehrtwende. Kann ein Nato-Militäreinsatz in der Ägäis das schmutzige Geschäft der Schlepperbanden und damit auch den Flüchtlingsstrom in Richtung Europa stoppen? Fragen und Antworten im Überblick.

Die Nato ist ein Verteidigungsbündnis. Warum beteiligt sie sich jetzt am Kampf gegen Schleuserbanden?

Auch wenn es niemand offen sagt: Als Hauptgrund für das Nato-Engagement gilt das russische Eingreifen in den Syrienkonflikt. Viele Alliierte sind fest davon überzeugt, dass Kremlchef Wladimir Putin es als positiven Nebeneffekt sieht, dass die Luftangriffe seiner Streitkräfte auf syrische Oppositionstruppen weitere Flüchtlingsbewegungen in Richtung Westeuropa auslösen. Russland sei daran interessiert, EU-Länder wie Deutschland zu schwächen, wird in der Nato-Zentrale hinter vorgehaltener Hand behauptet. Grund seien unter anderem die Wirtschaftssanktionen, die die EU gegen Russland wegen des Ukraine-Konflikts verhängt hat.

Was genau soll die Nato im Seegebiet zwischen Griechenland und der Türkei machen?

Die Schlagworte lauten Spionage, Überwachung und Aufklärung. Ein unter deutscher Führung stehender Marineverband des Bündnisses wird unverzüglich in die Ägäis geschickt und soll dort genau beobachten, wie und auf welchen Routen Schleuserbanden Flüchtlinge auf Booten in Richtung Griechenland schicken.

Vor allem die Türkei soll so in die Lage versetzt werden, Schleuser effektiver zu verfolgen. Hinter ihnen stehe eine ausgedehnte Logistikorganisation und Infrastruktur hochkrimineller Art, kommentierte Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen am Donnerstag in Brüssel.

Wie beteiligt sich Deutschland an dem Einsatz?

Ein deutsches Marineschiff führt ab sofert und noch bis mindestens Mitte des Jahres den für den Einsatz zuständigen Nato-Marineverband. Auf dem 174 Meter langen Einsatzgruppenversorger „Bonn“ leisten derzeit rund 210 deutsche Soldaten Dienst.

Wird für den Einsatz deutscher Soldaten im Anti-Schleuser-Kampf die Zustimmung des Bundestags nötig sein?

Nach Einschätzung von Bundesverteidigungsministerin von der Leyen geht es ohne. „Es zeichnet sich im Augenblick nicht ab, dass dazu ein Mandat nötig wäre“, sagt sie. Es gehe schließlich lediglich um Seeraumüberwachung auf Nato-Gebiet. Den echten Kampf gegen die Schleuserbanden sollen die türkischen Behörden führen.

Was passiert, wenn die Besatzungen der Nato-Schiffe Flüchtlinge in Seenot entdecken?

Sie werden natürlich gerettet. Eine Absprache sieht allerdings vor, dass die von Nato-Schiffen aufgenommenen Migranten auf jeden Fall in die Türkei zurückgebracht werden. Auf Bundeswehrsoldaten könnten damit unangenehme Situationen zukommen. Retten sie Flüchtlinge, müssen sie deren Hoffnung auf ein Leben in der EU enttäuschen. Bei dem EU-Anti-Schleuser-Einsatz vor der libyschen Küste ist das anders. Die dort geretteten Flüchtlinge werden nach Italien und damit in die EU gebracht. Hintergrund ist, dass Flüchtlinge nicht ins Bürgerkriegsland Libyen zurückgeschickt werden.

Was ist mit Flüchtlingen, die in einigermaßen seetüchtigen Booten unterwegs sind?

Sie werden von der Nato vermutlich nicht dazu gezwungen werden, umzukehren. Eine echte Blockade der Seegrenze zu Griechenland würde scharfe Kritik von Menschenrechtlern hervorrufen, heißt es.

Muss nicht damit gerechnet werden, dass die Schleuserbanden sehr schnell andere Routen suchen, um Menschen von der Türkei in Richtung Westeuropa zu bringen?

Nato-Militärs beantworten diese Frage mit einem klaren Ja. Nichtstun sei allerdings auch keine Alternative, heißt es.

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