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Abrüstung Kim beim Gipfel in der Vorhand

Das Treffen von US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un in Hanoi soll symbolisch Frieden stiften.

25.02.2019, 23:01

Hanoi (dpa) l Zwei Brandstifter, die sich jetzt als Feuerwehrleute präsentieren: Erst versetzte Kim Jong Un die Welt mit seinen Atom- und Raketentests in Angst und Schrecken, dann drohte Donald Trump dem „kleinen Raketenmann“ mit „Feuer und Wut“ die „völlige Vernichtung“ an. Bannte der historische erste Gipfel des US-Präsidenten mit Nordkoreas Machthaber im Juni 2018 in Singapur die unmittelbare Kriegsgefahr, soll das zweite Treffen am Mittwoch und Donnerstag in Hanoi symbolisch Frieden stiften – auch wenn das Ziel der atomaren Abrüstung auf die lange Bank geschoben wird.

Beide Staatsmänner lieben den großen Auftritt. So wäre denkbar, dass Trump und Kim ein Ende des Koreakrieges (1950-53) erklären. Das wäre nur ein erster Schritt in Richtung eines Friedensvertrages – denn völkerrechtlich befindet sich die koreanische Halbinsel noch im Kriegszustand. „Präsident Trump ist bereit dazu, diesen Krieg zu beenden“, sagte sein Sondergesandter für Nordkorea, Stephen Biegun.

Beim Abbau des Atom- und Raketenarsenals gibt sich Trump längst mit kleinen Schritten zufrieden. Er zeigt sich zurückhaltender, ist aber optimistisch, dass seine Bemühungen zur atomaren Abrüstung Nordkoreas auch Früchte tragen werden. Dieser Zuversicht verpasste US-Geheimdienstkoordinator Dan Coats einen Dämpfer, als er vor dem US-Kongress sagte: „Wir gehen derzeit davon aus, dass Nordkorea versuchen wird, seine Fähigkeiten im Bereich Massenvernichtungswaffen beizubehalten.“

Heute erzählt Trump gerne von einem Treffen nach seinem Wahlsieg im November 2016, als ihn der scheidende Präsident Barack Obama ins Weiße Haus einlud. „Und ich sagte: „Was ist das größte Problem?“ Er sagte: „Nordkorea, bei weitem.“ Und ich will nicht für ihn sprechen, aber ich glaube, er hätte einen Krieg mit Nordkorea angefangen“, sagte Trump über Obama. „Er sagte mir, er sei so nah dran, einen großen Krieg mit Nordkorea anzufangen.“ Mit der geschickten Darstellung kann der US-Präsident seine Nordkorea-Politik aber in jedem Fall als Erfolg präsentieren: Selbst wenn die Verhandlungen nicht vorankommen und er sein Ziel einer „endgültigen, vollständig überprüften Denuklearisierung“ Nordkoreas nicht erreicht, hätte er zumindest einen Krieg verhindert.

Beide Seiten sind sich nicht einmal einig, wie die viel zitierte „Denuklearisierung“ überhaupt genau definiert werden soll. Aber immerhin liegen die letzten Atomwaffen- und Raketentests mehr als ein Jahr zurück. Zeigt Trumps Nordkorea-Politik aus Zuckerbrot (dem Versprechen wirtschaftlicher Entwicklung) und Peitsche (der Androhung totaler Vernichtung bei gleichzeitigen Sanktionen) Wirkung? Oder ist es Kims Annäherungspolitik, die Fortschritte ermöglicht?

Eins scheint sicher: Selbst nach dem Gipfel wird die atomare Abrüstung Nordkoreas – bestenfalls – nur ein Stück nähergerückt sein. Eine aufsehenerregende Friedenserklärung in Hanoi würde Showmaster Trump aber helfen, schlechte Schlagzeilen zu Hause zu verdrängen: Zuletzt das Debakel um den „Shutdown“, den Stillstand von Teilen der Regierung. Dann der Streit um den von Trump an der Grenze zu Mexiko ausgerufenen Notstand, den die meisten Amerikaner ablehnen. Außerdem machen die Demokraten im Kongress Trump das Leben schwer. Vor allem ist da FBI-Sonderermittler Robert Mueller, der untersucht, ob es 2016 Geheimabsprachen von Trumps Wahlkampflager mit Russland gab.

Dass Trump derart unter Druck steht, kommt seinem Gegenspieler Kim gelegen. Er sieht die Ausgangslage für den Gipfel wie folgt: Ihr müsst euch bewegen, wir haben erste Schritte unternommen, sind zu neuen Maßnahmen bereit, aber von euch kam bisher so gut wie nichts. Der Stopp der Raketen- und Atomtests gehört für den Machthaber zu diesen Vorleistungen ebenso wie die Sprengungen von Tunneln am Atomtestgelände Punggyeri, durch die das bergige Areal für weitere Versuche angeblich unbrauchbar gemacht wurde.

Kims Versprechen an die eigene Bevölkerung lautet, die marode Wirtschaft zu erneuern. Die Sanktionen stehen dem im Weg. Kim ist es nicht gelungen, die Nahrungsmittelknappheit zu überwinden. Inwieweit Washington bereit ist, neben einer Friedenserklärung über ein Ende des Korea-Krieges auch auf die Forderung nach einer Lockerung der Sanktionen einzugehen, muss sich erst noch zeigen.