AfD Höcke gegen Meuthen

Nach dem Rauswurf von Landeschef Kalbitz entbrennt in der AfD ein Macht- und Flügelkampf.

17.05.2020, 23:01

Berlin (dpa) l „Die Spaltung und Zerstörung unserer Partei werde ich nicht zulassen – und ich weiß, dass unsere Mitglieder und unsere Wähler das genauso sehen wie ich“, sagte der Thüringer Landes- und Fraktionschef Björn Höcke. Höcke sprach von Verrat, nachdem Brandeburgs AfD-Chef Andreas Kalbitz am Freitag aus der Partei geworfen wurde.

Jörg Meuthen wies das scharf zurück. „Ein Landesvorsitzender, der erst vor wenigen Wochen wörtlich ankündigte, ihm missliebige Mitglieder aus der Partei „ausschwitzen“ zu wollen und der freiheitlich-marktwirtschaftlich und bürgerlich-konservativ gesonnenen Mitgliedern wiederholt den Wechsel zu anderen Parteien anrät, sollte vielleicht eher sein eigenes Verhalten hinterfragen, als der Mehrheit des Bundesvorstandes „Verrat an der Partei“ und Spaltung vorzuwerfen.“ Der Vorstand habe einen satzungsgemäßen Beschluss gefasst, eine Parteimitgliedschaft wegen des Verschweigens einer Vormitgliedschaft in einer rechtsextremen Organisation zu annullieren.

Andreas Kalbitz selbst rief seine Anhänger auf, die AfD nicht zu verlassen. „Ich bitte Euch herzlich: Tretet nicht aus, wir machen natürlich weiter. Die Verantwortung für unser Land ist wichtiger als einzelne Personen.“ Er werde sich juristisch gegen den Rauswurf zur Wehr setzen.

Der Bundesvorstand der AfD hatte seine Mitgliedschaft am Freitag per Mehrheitsbeschluss für nichtig erklärt. Hintergrund sind frühere Kontakte im rechtsextremen Milieu. In dem Beschluss hieß es, die Mitgliedschaft sei mit sofortiger Wirkung aufgehoben, „wegen des Verschweigens der Mitgliedschaft in der „Heimattreuen Deutschen Jugend““ (HDJ) und „wegen der Nichtangabe seiner Mitgliedschaft“ bei den Republikanern. Kalbitz galt neben Höcke als wichtigster Vertreter der rechtsnationalen Strömung in der Partei, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

Heute will die Landtagsfraktion in Potsdam entscheiden, dass Kalbitz in der Fraktion und auch ihr Chef bleibt. Meuthen zog dies in Zweifel. „Ich kann mir schwer vorstellen, einen Parteilosen als Fraktionsvorsitzenden zu haben.“ Für die Entscheidung habe er „unglaublich viel Zustimmung“ aus der Partei erhalten, sagte er. Einige Mitglieder hätten allerdings auch mit „wütender Ablehnung“ reagiert. Auf die Frage, weshalb er eine Verortung von Kalbitz im rechtsextremen Spektrum früher selbst bestritten habe, antwortete der AfD-Vorsitzende: „Ich habe ihn im persönlichen Kontakt nicht als Rechtsextremisten wahrgenommen, später wurde aber deutlich, dass er auf jeden Fall eine rechtsextreme Vergangenheit hat.“

Aus Sachsen-Anhalt bekommt Kalbitz Rückendeckung. „Es kann nicht sein, dass verdiente Parteimitglieder so aus der Partei entfernt werden“, sagte AfD-Landeschef Martin Reichardt. Der Magdeburger Bundestagsabgeordnete Frank Pasemann schrieb auf Facebook: „Meuthen & Co. unterlaufen rechtsstaatliche Prinzipien, um einen verdienten Parteifreund auszuschließen.“

Höcke wirft Meuthen und der Vize-Parteivorsitzenden Beatrix von Storch vor, sie wollten die AfD so verändern, dass sie keine echte Alternative zu den etablierten Parteien mehr wäre.

Auch Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland wendet sich gegen Meuthen. Gauland sagte, er habe von Anfang an gewusst, dass Kalbitz früher bei den Republikanern gewesen sei. Was die vom Verfassungsschutz behauptete ehemalige Mitgliedschaft in der HDJ angehe, so wäre der Bundesvorstand gut beraten gewesen, das Ergebnis einer Klage von Kalbitz gegen den Verfassungsschutz abzuwarten. Der 2013 von Kalbitz eingereichte Antrag auf Mitgliedschaft in der AfD sei wohl nicht mehr auffindbar.

In der AfD ist jetzt ein „entfesselter Machtkampf“ zu beobachten, sagte der Berliner Politologe Hajo Funke. Meuthens Position sei mitnichten gefestigt.

„Wichtig ist, dass sich die AfD von dem rechtsextremistischen Gedankengut löst, das es in ihren Reihen gibt“, sagte der Chef der Innenministerkonferenz, Georg Maier (SPD) aus Thüringen.