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Anschläge Brüssel sucht Normalität nach Terror

Nach Anschlägen mit mindestens 35 Toten und 340 Verletzen ist die belgische Hauptstadt zeitweise leer.

28.03.2016, 23:01

Brüssel (dpa) l Der Regen verwischt die Kreidezeichnungen auf dem Boden. Einige Kerzen halten dem Wind nicht stand, sie kippen um. Der Platz vor der alten Börse in der Brüsseler Innenstadt ist in den vergangenen Tagen zum zentralen Gedenkort geworden. Doch am Montag ist kaum jemand gekommen, um zu trauern – der Platz ist fast leer. Am Sonntag noch sah es hier ganz anders aus. Aggressive Hooligans störten das Gedenken – schwarz gekleidet, kurz geschoren und teils vermummt.

Mehrere Hundert der teils Rechtsradikalen waren gekommen – vermeintlich, um gegen den islamistischen Terror zu protestieren, der die Stadt zuvor erschüttert hat. In kaum einer Stunde drängte ein massives Polizeiaufgebot die randalierende Gruppe mit Hilfe von Wasserwerfern zurück zum Bahnhof. Der Brüsseler Bürgermeister Yvan Mayeur kritisierte, dass die Polizei des Ortes Vilvoorde nördlich der Hauptstadt die Hooligans nicht aufgehalten habe, die aus Flandern anreisten.

Die gewalttätige Randale auf dem Börsenplatz wirft auch ein Schlaglicht auf die Zerrissenheit Belgiens nach den Terroranschlägen. Es entwickelte sich sofort politische Polemik entlang der Sprachgrenze zwischen den niederländisch sprechenden Flamen und den französischsprachigen Wallonen. Zum Ärger vieler distanzierte sich der Antwerpener Bürgermeister und Vorsitzende der flämischen Nationalisten-Partei N-VA Bart De Wever nicht von den Vorfällen in Brüssel. Er ist der starke Mann in Belgien, denn seine Partei stellt im Parlament die größte Fraktion.

Doch unbeirrt von politischen Auseinandersetzungen versucht Brüssel, zur Normalität zurückzukehren – wenn auch mit kleinen Schritten. „Die Angst, die wird jetzt Teil unseres Lebens sein“, sagt Aurélie (37). Die Brüsselerin ist eine der wenigen, die am Montag zum Börsenplatz gekommen ist – um Fotos zu machen. „Ich will das festhalten, die Stadt hat sich verändert.“ Unbeirrt von Wind und Regen macht sie ihre Bilder. Neben ihr legt eine Mutter mit ihrem Sohn Rosen auf den Boden.

Javed, Besitzer eines kleinen Souvenirladens nahe der Börse, hat hier vor wenigen Tagen eine belgische Flagge niedergelegt. Kurz nach den Anschlägen hätten sehr viele Kunden Flaggen gekauft. Jetzt kaufen die Menschen auch wieder andere Dinge – Getränke, kleine Magnete oder was es sonst noch gibt. „Aber es ist fast nichts los“, sagt der 62-Jährige, der vor mehr als 40 Jahren aus Pakistan nach Belgien gekommen ist.

Leer wirkt die ganze Stadt am Osterwochenende. Das merkt auch Jonas, Mitarbeiter einer Firma, die Bustouren in Brüssel und Umgebung anbietet. 750 Absagen gab es – in drei Tagen. „Für meine Firma ist das das schlimmste Ostern, das es je gab“, sagt er. Ein Paar aus den USA habe aus Angst wegen der Hooligans abgesagt, die Touristen wollten lieber nicht in die Innenstadt kommen.

Für Sicherheit sollen in der Hauptstadt Soldaten und Polizisten sorgen. Sie bewachen Bahnhöfe, öffentliche Gebäude und U-Bahn-Stationen, halten Maschinenpistolen in den Händen.