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Arbeitslose Solidarisch oder sinnlos?

Einige SPD-Politiker träumen vom Ende von Hartz IV: Das solidarische Grundeinkommen soll die staatliche Hilfe ersetzen.

28.03.2018, 23:01

Berlin (dpa) l Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat sich offen für Gespräche über eine Abschaffung von Hartz IV und die Einführung eines solidarischen Grundeinkommens geäußert. Heil sagte der „Bild“-Zeitung: „Das ist eine notwendige Debatte, die wir führen werden.“ Er setze dabei auf „konkrete und machbare Lösungen, die der Lebensrealität der Menschen entsprechen“.

Der Minister nahm damit Stellung zur Debatte in der SPD-Führung zu einer großen Hartz-IV-Reform. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) hatte die Einführung eines solidarischen Grundeinkommens als Alternative zu Hartz IV angeregt. Bei den Arbeitgeberverbänden und in der Unions-Fraktion stößt der Vorstoß indes auf Abwehr.

Die Präsidenten der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) warnten in einem Gastbeitrag für die „Wirtschaftswoche“ vor den Folgen eines bedingungslosen Grundeinkommens. „Ein bedingungsloses Grundeinkommen reduziert Arbeitsanreize, verschärft den Fachkräftemangel und provoziert damit weitere Beschäftigungsverluste“, schrieben Ingo Kramer (BDA) und Dieter Kempf (BDI): „Seine Einführung wäre eine Kapitulation unserer Gesellschaft vor den Herausforderungen der neuen Arbeitswelt.“

Nach dem Vorschlag des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Müller, sollen Arbeitslose künftig einen steuerfinanzierten Vollzeit-Job auf Mindestlohnniveau mit einem Nettoverdienst von 1.200 Euro im Monat angeboten bekommen. Die Annahme sei freiwillig, wer ablehnt, würde bei der bisherigen Grundsicherung bleiben.

Mehr als eine Million Menschen haben im vergangenen Dezember Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bezogen. Das waren 3,2 Prozent mehr als im Dezember 2016, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte. Nach den Zahlen waren fast 1,06 Millionen Menschen betroffen – über 18-Jährige, die wegen Krankheit oder Behinderung nicht voll arbeiten können, oder Ältere wie Rentner. Die Gründe für den leichten Anstieg seien vielfältig, könnten aus den Daten allein aber nicht abgelesen werden, sagte eine Sprecherin des Bundesamtes.

Seit Einführung der Grundsicherung im Jahr 2003 ist die Zahl der Leistungsempfänger von zunächst rund 440 000 Menschen kontinuierlich gestiegen. Die meisten Empfänger leben nach den aktuellen Zahlen in Nordrhein-Westfalen, gefolgt von Bayern und Niedersachsen.

Eine hitzige Debatte über Hartz IV in Deutschland hatte kurz vor seiner Ernennung zum Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) losgetreten mit seiner Aussage, damit habe jeder, „was er zum Leben braucht“. Selbst Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte reagiert mit der Mahnung, die Zahl der Hartz-IV-Empfänger müsse reduziert werden. Zuletzt wertete der frühere Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU) Spahns Aussagen als „herzlos“. Die Debatte über Hartz IV und Arbeitslosigkeit wird nach Einschätzung von Beobachtern nicht schnell wieder enden. (dpa)