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Asylstreit Für Seehofer ist alles vorbei

Der Asylstreit ist fürs Erste Geschichte. Er hat der Koalition kräftig geschadet: Die AfD wird in Umfragen stärker.

08.07.2018, 23:01

Berlin (dpa) l Der Asylstreit zwischen CDU und CSU hat die Große Koalition an den Abgrund geführt und ganz Europa in Atem gehalten – doch CSU-Chef Horst Seehofer hält den Konflikt mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nun für erledigt. „Wir schauen nach vorne“, sagte der Bundesinnenminister der „Bild am Sonntag“. „Ich sage immer: Die Windschutzscheibe ist größer als der Rückspiegel.“ Die CSU habe eine Asylwende durchgesetzt. „Wir senden damit das Signal in die Welt, dass sich illegale Migration nicht mehr lohnt.“ Und mit Merkel könne er „selbstverständlich“ weiter vertrauensvoll zusammenarbeiten.

Ob die Kanzlerin das genauso sieht? Und ob sich das Drama für die CSU auszahlen wird? Fakt ist: In einer neuen Umfrage steigt die AfD um drei Punkte auf den Rekordwert von 17 Prozent. Sie ist damit erstmals so stark wie die SPD, die um zwei Zähler nachgibt, wie der Sonntagstrend ergab, den Emnid wöchentlich für die „Bild am Sonntag“ erstellt. Auch die CDU/CSU verliert zwei Punkte, nur noch 30 Prozent würden aktuell die Union wählen. Die Große Koalition hätte damit keine Mehrheit mehr. Ähnliche Ergebnisse zeigt das neue RTL/n-tv Trendbarometer von Forsa. Die AfD erreicht auch hier einen Höchstwert – mit 16 Prozent.

Gleichwohl sieht Bayerns CSU-Ministerpräsident Markus Söder, der im Oktober die Landtagswahl zu bestehen hat, die Chance, die AfD mit den Asylplänen zu schwächen. Der Kompromiss sieht vor, dass Asylbewerber, die in einem anderen EU-Staat bereits einen Asylantrag gestellt haben, künftig von Bayern aus rasch zurückgeschickt werden können.

„Auf jeden Fall drängt es die AfD zurück“, sagte Söder dazu der „Welt am Sonntag“. Die jüngsten Umfragen zeigen aber das genaue Gegenteil. Söder hatte während des Konflikts den Begriff „Asyltourismus“ für Migranten geprägt, die in andere EU-Länder weiterziehen. Das sorgt auch beim Koalitionspartner für Empörung – zumal der Begriff auch von der stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Julia Klöckner aufgegriffen wurde. SPD-Chefin Andrea Nahles ist davon überzeugt, dass CSU und CDU damit das Geschäft der AfD betreiben.

„Wenn Herr Söder und Frau Klöckner von ‚Asyltourismus‘ sprechen, reden sie wie die AfD. Das verschiebt Maßstäbe, verletzt Werte, bedient Ressentiments“, sagte Nahles der „Welt am Sonntag“. SPD-Vize Ralf Stegner legte via Twitter noch einen drauf: Wer solche Begriffe benutze, sei „entweder ein hirnloser rechter Vollpfosten oder ein übler rechtspopulistischer Demagoge“.

Die CSU wollte eigentlich alle Asylbewerber, die woanders bereits registriert sind, zurückweisen. Nun geht es nur noch um Asylbewerber, die in anderen EU-Staaten schon einen Asylantrag gestellt haben und an der Grenze abgefangen werden. Seehofer geht von maximal fünf Fällen am Tag aus. Binnen 48 Stunden sollen sie zurück in das Land gebracht werden, wo der Antrag gestellt wurde.

Voraussetzung sind Abkommen mit dem zuständigen Land. Italien und andere Länder sind aber bisher nicht zu einem Rücknahmeabkommen bereit.

Eine weitere Umfrage für die „Bild am Sonntag“ zeigt, wie sehr der Streit die Bürger abgeschreckt hat: 71 Prozent finden, dass der Anstand in der Politik verloren gegangen ist, 69 Prozent meinen, dass Seehofer dem Ansehen der Politik geschadet hat. Nur 41 Prozent wollen dass er Innenminister bleibt.