Atomabkommen Sorge um Iran-Deal

Donald Trump möchte den Atom-Deal mit dem Iran beenden. Worum es dabei geht und was das für Folgen hätte.

21.09.2017, 11:09

New York (dpa) l Donald Trump macht es spannend. Wieder einmal. Es geht um die Zukunft des Atomabkommens mit dem Iran. Der US-Präsident hat signalisiert, dass die USA sich nicht länger daran gebunden fühlen könnten. Er sagt, er habe bereits eine Entscheidung getroffen. Verraten will er sie noch nicht.

Deutschland und andere Staaten zeigen sich besorgt. Außenminister Sigmar Gabriel warnt bei der UN-Generalversammlung in New York vor der "Zerstörung" des Abkommens. Jahrelang hatte die internationale Gemeinschaft darum gerungen, die iranische Regierung in eine bindende Vereinbarung zu integrieren. Die Unterzeichnung im Juli 2015 galt als historisch. Mit dem Abkommen zwischen dem Iran einerseits sowie den USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland andererseits sollte die Sorge vor einer iranischen Atombombe zerstreut werden. Teheran unterwirft dadurch seine Urananreicherung bis zu 25 Jahre lang einem mehrstufigen System von Beschränkungen und Kontrollen. Der Westen hebt im Gegenzug die Wirtschaftssanktionen auf.

Warum steht das Abkommen jetzt auf dem Spiel?
Die US-Regierung muss alle 90 Tage in einer Mitteilung an den Kongress sagen, ob der Iran die Auflagen des Atomabkommens erfüllt. Unter Trump hat sie dies bereits zwei Mal getan. Die nächste Frist läuft am 15. Oktober ab. Trump hat angedeutet, dass er der Vereinbarung den Rücken kehren könnte. Er hat sie wiederholt als "schlechten Deal" bezeichnet.

Hält sich der Iran denn nicht an die Auflagen?
Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) überwacht beispiellos streng alle Atomanlagen des Landes. Laut Abkommen hat Teheran seine zur Uran-Anreicherung nötigen Zentrifugen von 19.000 auf 6000 verringert. Sie dürfen das radioaktive Material nur auf 3,67 Prozent anreichern. Die Bestände von angereichertem Uran wurden von fast 12.000 Kilogramm auf 300 Kilogramm reduziert – das gilt für 15 Jahre. Beim Schwerwasser, das in Reaktoren eingesetzt werden kann, die waffenfähiges Plutonium herstellen, sind 130 Tonnen erlaubt. Diesen Wert hatte der Iran zweimal ganz knapp überschritten, sich nach Ermahnung der IAEA aber sofort wieder an das Limit gehalten. Auch US-Außenminister Rex Tillerson bescheinigt der iranischen Regierung am Mittwoch erneut, die Auflagen zu erfüllen.

Welche Argumente hat Trump denn dann gegen den Iran-Deal?
Sie sind vorrangig politisch und strategisch begründet. Seine Regierung prüft, ob das Abkommen noch im nationalen Sicherheitsinteresse der USA ist. Washington sieht im Iran einen Feind der USA, einen Unruhefaktor im Nahen Osten, einen Finanzier und Unterstützer von Terrorismus. Immer wieder heißt es von Trump und seinen Ministern, Teheran erfülle den "Geist" des Abkommens nicht. Tillerson beruft sich dabei auf eine Passage aus dem Vorwort der Vereinbarung. Darin wird der Iran aufgefordert, einen "positiven" Beitrag zur Sicherheitslage in der Region zu leisten. Diese Erwartung habe Teheran nicht erfüllt, meint der US-Außenminister. Er nennt die iranischen Raketentests sowie die Rolle Teherans in den Konflikten in Syrien, im Jemen und im Irak als Beispiele.

In Syrien unterstützt der Iran die Regierung von Präsident Baschar al-Assad, die Washington einst gestürzt sehen wollte. Im Jemen und im Irak fördert die schiitische Islamische Republik Schiitenmilizen – wie auch im Libanon die israelfeindliche Hisbollah. Aus Sicht der US-Regierung ist also das größte Problem der Abmachung, dass sie den Iran nicht von seiner aggressiven Politik abhält. Manche Beobachter machen aber geltend, dass dies gar nicht Teil der Vereinbarung ist.

Was ist, wenn Trump dem Iran bescheinigt, sich nicht an das Abkommen zu halten? Hieße das, dass sich die USA daraus zurückziehen?
Nein, nicht direkt. Darauf wies auch UN-Botschafterin Haley unlängst hin. Trump würde den Ball dem Kongress zuspielen. Dieser hätte dann sechzig Tage Zeit, darüber zu entscheiden, ob die ausgesetzten Sanktionen gegen den Iran wieder in Kraft treten sollen. Entscheiden sich die Abgeordneten dafür, würden die USA ihrerseits die Bedingungen des Abkommens nicht erfüllen. Das käme de facto einem Ausstieg gleich, der einen Dominoeffekt in Gang setzen könnte.

Wie würde der Iran reagieren?
Nach den Worten von Präsident Hassan Ruhani hätte die Islamische Republik in diesem Fall "freie Hand", zu handeln. Man sei dann in einer "stärkeren und besseren" Position als zuvor, sagt er. Brechen will der iranische Präsident den Deal nach eigener Darstellung nicht. Er könnte aber durch die konservativen Hardliner im eigenen Land massiv unter Druck gesetzt werden, auf den Schritt der USA zu reagieren.

Wäre der Iran bereit zu neuen Verhandlungen?
Nein. Es werde "absolut" keine Veränderungen am Rahmen des Abkommens geben, sagt Ruhani. "Es ist eine Vereinbarung, die zwei Jahre lange Verhandlungen über jedes einzelne Wort, jeden einzelnen Satz erfordert hat." Dasselbe gilt ihm zufolge für vereinbarte Fristen zu Beschränkungen und Kontrollen durch die Internationale Atomenergiebehörde, die bis zu 25 Jahre gelten.

Was hängt für Deutschland an dem Abkommen?
Die deutsche Wirtschaft hat sich Milliardengeschäfte von der Einigung mit dem Iran erhofft. Vizekanzler Sigmar Gabriel war nach Abschluss des Abkommens 2015 – noch als Wirtschaftsminister – der erste westliche Spitzenpolitiker, der Teheran besuchte. Jetzt zeichnet er als Außenminister ein düsteres Bild für den Fall des Scheiterns. "Es ist fast tragisch, dass die Situation entstehen kann, dass das einzige funktionierende Abkommen zur Verhinderung der Weiterverbreitung von Atomwaffen jetzt nicht mehr funktionieren wird." Nach Gabriels Darstellung würde das Abkommen bei einem Ausscheren der Amerikaner "funktionsunfähig". "Dann wäre das ein schlimmes Zeichen für alle anderen Verhandlungen gegen die Weiterverbreitung von Atomwaffen", betont er vor allem mit Blick auf den aktuellen Atomstreit mit Nordkorea.