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Außenpolitik Außenminister umgeht Donald Trump

Heiko Maas setzt bei seiner ersten Amerika-Reise mehr oder weniger zufällig ein Zeichen gegen Trumps Politik der nationalen Alleingänge.

28.03.2018, 09:55

New York (dpa) – Das hat es noch nicht gegeben: Ein neuer deutscher Außenminister reist zum ersten Mal in die USA, lässt sich aber nicht in Washington blicken. Der Regierungs-Airbus "Konrad Adenauer" mit Heiko Maas an Bord landet stattdessen am späten Dienstagnachmittag (Ortszeit) auf dem "John F. Kennedy"-Flughafen in New York. Es ist die erste und einzige Station seiner nicht einmal 48-stündigen ersten Amerika-Reise.

Dass Washington nicht auf dem Programm steht, ist der innenpolitischen Lage in den USA geschuldet. US-Präsident Donald Trump hat in den vergangenen Wochen nacheinander seinen Außenminister Rex Tillerson und seinen Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster gefeuert. Die Nachfolger Mike Pompeo und John Bolton sind noch nicht im Amt.

Es gibt für Maas also gar keinen passenden Gesprächspartner in der US-Hauptstadt. Von einer Amerika-Reise gleich zu Beginn seiner Amtszeit hat ihn das aber nicht abgehalten. Im Gegenteil: Das Washingtoner Personalchaos ist für ihn sogar ein willkommener Zufall, um ein Zeichen für internationale Organisationen und gegen nationale Alleingänge zu setzen, wie sie von einem Donald Trump praktiziert werden.

"Die Vereinten Nationen sind der Grundpfeiler der regelbasierten internationalen Ordnung. Bewahrung und Ausbau dieser Ordnung sind zentrale deutsche Interessen", sagt Maas. Deswegen sei es ihm auch so wichtig gewesen, schon in den ersten zwei Wochen seiner Amtszeit nach New York zu reisen.

Maas hat aber noch ein anderes, ganz konkretes Vorhaben in New York. Deutschland bewirbt sich um einen Sitz im UN-Sicherheitsrat für die nächsten zwei Jahre. Die Entscheidung fällt am 6. Juni, die heiße Phase des Wahlkampfs hat begonnen.

Der neue Außenminister wird am New Yorker East River nicht nur UN-Generalsekretär Antonio Guterres sondern mehrere Dutzend UN-Botschafter treffen. 193 Staaten entscheiden darüber, welche zehn Länder vorübergehend neben den ständigen Mitgliedern USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien in dem wichtigsten Gremium der Vereinten Nationen sitzen dürfen. Die Stimme des Südseestaats Vanuatu zählt genauso viel wie die der Weltmacht USA.

Deswegen lud Maas am Dienstagabend die karibischen und pazifischen Inselstaaten ins Deutsche Haus in New York ein und schaute vorher noch schnell bei einem Empfang von Mauritius vorbei – auch ein Inselstaat, aber in Afrika. So geht es am Mittwoch weiter.

Begonnen hat der Wahlkampf aber schon vor zwei Jahren. "Wir wollen aufstehen und Verantwortung übernehmen, zu Gerechtigkeit und Frieden beitragen", sagte der damalige deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier beim offiziellen Startschuss am Rande der UN-Vollversammlung in New York.

Seitdem fahren die deutschen Diplomaten in New York kräftig auf: Empfänge mit Bier und bayrischer Volksmusik, schwarz-rot-gold verpackte Gummibärchen, Pfefferminzbonbons, Kugelschreiber, Schreibhefte und Taschen. Einige kleinere UN-Mitgliedsstaaten murren bereits hinter vorgehaltener Hand, dass sie sich einen so aufwendigen und teuren Wahlkampf für den Sicherheitsrat nie leisten – und deshalb ausgeschlossen bleiben könnten.

Im Mai ist ein großes Wahlkampf-Fußballturnier vor dem Hauptgebäude der Vereinten Nationen geplant. Ein Lieblingsprojekt von UN-Botschafter Christoph Heusgen, der einst in der zweiten Kreisklasse bei Rot-Weiß Röttgen kickte. Heusgen war nach langen Jahren als außen- und sicherheitspolitische Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im vergangenen Sommer nach New York gekommen – wissend, dass er seine Amtszeit mit der Sicherheitsratsmitgliedschaft krönen könnte.

Die Wahl ist aufgeschlüsselt nach Regionen. Um die beiden Sitze für die Gruppe westlicher Staaten bewerben sich neben Deutschland auch Belgien und Israel. Deutschland war bereits fünfmal im Rat, zuletzt 2011 und 2012. Israel ist dagegen einer der dutzenden Staaten, die noch nie in dem Gremium saßen. Erst seit kurzem ist das Land Teil der Gruppe westlicher Staaten, wo ihm bessere Chancen zugerechnet werden.

Deutschland bewirbt sich nach einer selbstgesetzten Vorgabe etwa alle acht Jahre und auch diesmal stehen die Chancen gut. Schließlich ist die Bundesrepublik viertgrößter Beitragszahler, zweitgrößter Geber bei humanitärer Hilfe und Entwicklungshilfe und beteiligt sich an mehreren UN-Friedenseinsätzen.

Die Konkurrenz mit Israel hat allerdings eine ungewollte Brisanz in den Wahlkampf gebracht, die einige Israel-Unterstützer, die sich unter der US-Regierung von Donald Trump im Aufwind sehen, derzeit aufbauschen. Ein "schamloses Machtspiel gegen Israel" warf die Boulevard-Zeitung "New York Post" Deutschland jüngst vor. Deutschland gibt sich bislang betont gelassen.