1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Duell um Großbritanniens Zukunft

Brexit Duell um Großbritanniens Zukunft

Boris Johnson und Jeremy Corbyn - ein Duell auf dem Höhepunkt.

05.12.2019, 23:01

London (dpa) l Als Boris Johnson nach seiner Wahl zum Tory-Parteichef und Premier vor die Tür der Downing Street 10 trat, klang es, als wäre Großbritannien im Krieg und dem Land stünde eine Entscheidungsschlacht bevor: „Die Zweifler, die Untergangspropheten und Pessimisten werden wieder danebenliegen“, rief er.

Lieber wolle er „tot im Graben“ liegen, als eine Verlängerung der Brexit-Frist am 31. Oktober zu beantragen, verkündete Johnson kurze Zeit später. Doch am Ende musste er sich dem Willen der Mehrheit im Parlament fügen. Aus seinem angedrohten Brexit ohne Abkommen wurde genauso wenig etwas, wie aus seinem eilig nachverhandelten Brexit-Deal. Immerhin setzte er sich im vierten Versuch mit seinem Wunsch nach einer Neuwahl durch, die das Land nun mitten in der Adventszeit trifft.

Johnson regierte seit Anfang September ohne Mehrheit im Parlament. Zum Markenzeichen seiner bislang kurzen Amtszeit als Premierminister wurde ein rücksichtsloses Vorgehen gegen innerparteiliche Gegner. Als eine Gruppe von zum Teil altgedienten Tories gegen die Regierung stimmte, warf er sie kurzerhand aus der Fraktion. Viele sehen darin die Handschrift des Wahlkampfstrategen Dominic Cummings, der gemeinsam mit Johnson hinter der Vote-Leave-Kampagne (für einen EU-Austritt) im Brexit-Wahlkampf 2016 stand und ihn auch nun wieder berät.

Johnson war vor dem Referendum das prominenteste Gesicht der Brexit-Befürworter. Manch einer glaubt, ohne ihn hätte es das knappe Votum der Briten zum Austritt nie gegeben.

Alexander Boris de Pfeffel Johnson ist alles andere als ein Mann des Volkes. In New York als Sohn eines erfolgreichen Beraters für Umweltfragen geboren, war ihm schon als Kind klar, dass er für Höheres bestimmt war. Auf die Frage, was er einmal werden wolle, habe er mit „Weltkönig“ geantwortet, sagte seine Schwester Rachel einmal.

Noch vor zwei Jahren schallte dem britischen Oppositionsführer von der Labour-Partei, Jeremy Corbyn, der eigene Name zehntausendfach entgegen beim Glastonbury-Festival, einer Art Woodstock im Südwesten Englands. Corbyn wurde gefeiert wie ein Rockstar. Bei der Wahl kurz davor hatte er den Konservativen mehr als zwei Dutzend Mandate abgejagt und sie damit in eine Minderheitsregierung gezwungen.

Nun wird wieder gewählt, doch die Corbyn-Begeisterung scheint weitgehend abgeebbt. Labour fiel in den Umfragewerten wieder zurück. Manche vermuten, dass es an der unklaren Haltung Corbyns zum Brexit liegt. Doch er ist auch wegen anhaltender Antisemitismusvorwürfe gegen seine Partei und ihn selbst immer wieder in der Kritik.

Beim Referendum über den EU-Austritt 2016 hat sich der 70 Jahre alte Altlinke für den Verbleib in der Staatengemeinschaft ausgesprochen, aber nur zaghaft für seine Position geworben. Corbyn galt schon immer als Europaskeptiker. An diesem Eindruck hat sich in den vergangenen drei Jahren kaum etwas geändert. Will Corbyn das Land aus der EU führen oder den Austritt verhindern? Niemand scheint es zu wissen.

Seinen Anhängern gilt der dreifache Vater und in dritter Ehe verheiratete Politiker als ehrliche Haut, einer, der nicht mit den schmutzigen Tricks der politischen Konkurrenz kämpft. Persönliche Angriffe und Schmähungen beantwortet er nicht. Corbyn: „Das ist nicht mein Stil.“