1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Milliarden-Entlastung für Bürger

Bundesrat Milliarden-Entlastung für Bürger

Bürgerinnen und Bürger werden in den nächsten zwei Jahren um fast 6,3 Milliarden Euro entlastet. Der Bundesrat stimmte zu.

16.12.2016, 17:49

Berlin (dpa) l In seiner letzten Sitzung vor Weihnachten hat der Bundesrat eine umfangreiche Tagesordnung abgearbeitet. Gebilligt wurden etwa Verbesserungen für Behinderte, Steuerentlastungen sowie mehr Geld für Hartz-IV-Empfänger und der Pakt mit den Energiekonzernen zur Entsorgung der Atomaltlasten. Die von Bundesregierung und Bundestag zum Jahreswechsel geplanten Kürzungen der Leistungen für Asylbewerber stoppte die Länderkammer am Freitag jedoch. Sie will den Bedarf im Asylbewerberleistungsgesetz neu festsetzen. So sollen etwa Alleinstehende in Gemeinschaftsunterkünften weniger erhalten.

Die wichtigsten Änderungen:

Millionen Menschen mit Behinderung sollen künftig bessergestellt werden. Das Bundesteilhabegesetz hat im Grundsatz als Ziel, dass niemand mehr über den Kopf der 7,6 Millionen Menschen mit schwerer Behinderung hinweg entscheiden soll. Partnereinkommen werden nicht mehr auf die Eingliederungshilfe angerechnet. 2600 Euro vom eigenen Einkommen durften Bezieher von Eingliederungshilfe bisher selbst behalten. Der Freibetrag steigt auf zunächst 27 600 Euro und 2020 auf 50 000. Vorgesehen sind für die Änderungen Mehrausgaben von rund 780 Millionen Euro pro Jahr. In einer Entschließung kritisierte der Bundesrat, dass der Bund die Mehrkosten für Länder und Kommunen nicht übernimmt.

Millionen Hartz-IV-Bezieher bekommen vom 1. Januar an etwas mehr Geld. Der monatliche Regelsatz für Alleinstehende steigt von derzeit 404 Euro auf 409 Euro im Monat, für Paare von 364 auf 368 Euro pro Partner. Die größte Steigerung gibt es mit 21 Euro mehr bei den 6 bis 13-Jährigen auf dann 291 Euro im Monat. Die Länder kritisierten, dass es zu wenig Geld für manche Haushaltsgüter sowie Brillen und andere Sehhilfen gebe. Auch die Leistungen für das Schulbedarfspaket müssten erhöht werden.

Bürger werden in den nächsten beiden Jahren um etliche Milliarden entlastet. Die Entlastungen sollen insbesondere Familien sowie Alleinerziehenden und Geringverdienern zugutekommen. Unter anderem steigt der Kinderfreibetrag von jetzt 4608 Euro um 108 Euro auf 4716 Euro (2017) und um weitere 72 Euro auf 4788 Euro (2018). Das monatliche Kindergeld wird 2017 um jeweils zwei Euro in den Jahren 2017 und 2018 angehoben. Der Kinderzuschlag soll zum 1. Januar 2017 um monatlich 10 Euro von 160 Euro auf 170 Euro je Kind steigen.

Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sollen künftig besser über die Möglichkeiten bei der Pflege beraten werden. Dabei sollen Kommunen Beratung verstärkt vermitteln und mit der Altenhilfe und anderen Trägern abstimmen. Nach dem Pflegestärkungsgesetz III soll es zudem Betrügern in der ambulanten Pflege schwerer gemacht werden.

Der Bundesrat fordert die sofortige Streichung des Beleidigungsparagrafen 103 Strafgesetzbuch, der jüngst als Böhmermann- oder Erdogan-Paragraf in die Schlagzeilen geriet. Ein entsprechender Beschluss wird im Bundestag eingebracht. Nach der bisherigen Regelung wird die Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten unter besondere Strafe gestellt. Der türkische Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hatte auf dieser Rechtsbasis ein Strafverfahren gegen Jan Böhmermann angestrengt, nachdem dieser in seiner Satiresendung ein "Schmähgedicht" auf ihn vorgetragen hatte.

Nach dem Bundestag billigte auch der Bundesrat den Pakt des Staates mit den Energiekonzernen, der die Entsorgung der atomaren Altlasten regelt. Vorgesehen ist, dass der Staat den Unternehmen Eon, RWE, Vattenfall und EnBW die Verantwortung für die Zwischen- und Endlagerung des Atommülls abnimmt. Dafür sollen die Stromkonzerne bis zum Jahr 2022 rund 23,55 Milliarden Euro an einen staatlichen Fonds überweisen. Die Unternehmen wiederum sind für Stilllegung, Abriss und Verpackung des Atommülls zuständig.

Der Bundesrat billigte auch die umfangreiche Reform des Arzneimittelrechts, die neben Verbesserungen bei der Arzneimittelsicherheit unter anderem auch die umstrittene Möglichkeit vorsieht, Arzneimittelstudien an Demenzkranken vorzunehmen. Sogenannte gruppennützige Studien an nicht einwilligungsfähigen Erwachsenen – also zum Beispiel Demenzkranken – sind künftig unter bestimmten Bedingungen erlaubt, auch wenn sie den Betroffenen selbst keine Vorteile bringen. Voraussetzung ist eine Vorabeinwilligung sowie eine verpflichtende ärztliche Beratung im Vorfeld.