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Bundesregierung SPD will Atomwaffen loswerden

Die SPD-Spitze fordert das Ende der Stationierung nuklearer Waffen in Deutschland. Die Union ist strikt dagegen.

03.05.2020, 23:01

Berlin (dpa) l Die Parteien der Großen Koalition streiten nach einem Vorstoß der SPD-Spitze über die künftige Beteiligung Deutschlands an der atomaren Abschreckung innerhalb der Nato. Mit Forderungen nach einem Ende der Stationierung von US-Atombomben in Deutschland ernteten SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und der SPD-Co-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans deutliche Kritik aus der Union. „Die Naivität von Teilen der SPD-Führung ist gefährlich für die Sicherheit Deutschlands“, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Henning Otte, der Deutschen Presse-Agentur. Solange diese Waffen außerhalb der Nato existieren, bleibt die Abschreckung der „Garant unserer Sicherheit“.

Der SPD-Vorstoß folgt auf eine lange nur halbherzig geführte Debatte innerhalb der Großen Koalition über Ersatz für die überalterte Tornado-Flotte der Luftwaffe. Der Betrieb droht zusätzliche Milliarden zu kosten, schon weil Ersatzteile für die vor bald 40 Jahren eingeführten fliegenden Oldtimer nur als Sonderanfertigung zu bekommen sind – wenn überhaupt.

Deutschland setzt die Maschinen auch zur „nuklearen Teilhabe“ ein. Das nukleare Abschreckungskonzept der Nato sieht vor, dass Verbündete im Kriegsfall Zugriff auf Atomwaffen der USA haben. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) will dazu US-Kampfflugzeuge vom Typ F-18 beschaffen – und mehr als 90 Eurofighter für andere Tornado-Aufgaben.

SPD-Fraktionschef Mützenich forderte, die Stationierung von Atombomben des Nato-Partners USA in Deutschland künftig ganz zu beenden. „Atomwaffen auf deutschem Gebiet erhöhen unsere Sicherheit nicht, im Gegenteil“, sagte Mützenich dem „Tagesspiegel“. „Es wird Zeit, dass Deutschland die Stationierung zukünftig ausschließt.“ Er verwies auch auf US-Präsident Donald Trump. „Trumps Regierung hat verkündet, dass Atomwaffen nicht mehr nur der Abschreckung dienen, sondern Waffen sind, mit denen man Kriege führen kann.“

SPD-Fachpolitiker äußerten sich kritisch bis warnend zu dem Vorstoß. Es drohe der Verlust von Mitspracherechten und Einfluss auf die Nuklearstrategie der Nato, betonten sie. Allerdings stellte praktisch zeitgleich auch SPD-Co-Chef Walter-Borjans die nukleare Teilhabe insgesamt infrage. Der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ schrieb er: „Ich vertrete eine klare Position gegen Stationierung, Verfügungsgewalt und erst recht gegen den Einsatz von Nuklearwaffen.“ Deshalb lehne er es ab, „Nachfolger für die Kampfflugzeuge zu beschaffen, die für den Einsatz als Atombomber vorgesehen sind“.

Von einem verheerenden Sig- nal sprach Unionsfraktionsvize Johann Wadephul. „Für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion steht die Fortführung der nuklearen Teilhabe außer Frage. Sie ist aus gutem Grund im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Das ist nicht verhandelbar“, mahnte er.

Mit ihren Forderungen schwenkten Mützenich und Walter-Borjans auf Positionen der Linken und der Grünen ein. Mit der Union scheint ein Kompromiss in diesem Grundsatzstreit nicht möglich. (dpa)