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Bundestag Höhn: Zwischen den Fronten zerrieben

Matthais Höhn ist nicht mehr Bundesgeschäftsführer der Linkspartei. Der Führungsstreit hat ihn zermürbt.

Von Steffen Honig 11.11.2017, 00:01

Berlin l Vor fünf Jahren war Matthias Höhn von Magdeburg nach Berlin aufgebrochen, um den Quasi-Generalsekretärsposten der Linkspartei zu übernehmen. Der heißt bei den Linken Bundesgeschäftsführer, was den Sachsen-Anhalter durch die Berliner Fernsehrunden nach etlichen Wahlen einem bundesweiten Publikum bekannt machte.

So öffentlich war Höhns Wirken selten. Er hatte die Bundespartei zu organisieren und zu stabilisieren. Dass er dies mit Erfolg tat, zeigen die Ergebnisse der Bundestagswahlen 2013 (8,6 Prozent und drittstärkste Kraft) und 2017 (9,2 Prozent). Geschäftsführer Höhn hatte die Wahlkämpfe organisiert.

Am Tag seines Rücktritts zeigt sich die Linkspartei denn auch in einem Punkt geeint: Dem Bedauern über diesen Schritt. „Matthias Höhn hat eine hervorragende Arbeit in der Bundesgeschäftsstelle gemacht und hat als Wahlkampfleiter, zusammen mit den beiden Spitzenkandidaten, einen maßgeblichen Anteil am Erfolg der Linken bei der Bundestagswahl“, erklärt Jan Korte, Linken-Bundestagsabgeordneter aus Anhalt, gegenüber der Volksstimme.

Seine sachsen-anhaltische Fraktionkollegin Birke Bull-Bischoff meint: „Der Rücktritt ist schade. Matthias Höhn ist ein guter Stratege und kluger Kopf.“ Bei den Abschiedsgründen für den 42-Jährigen kommt sie gleich auf den Punkt: „Es ist ein offenes Geheimnis, dass es Schwierigkeiten im Miteinander von Partei- und Fraktionsspitze gibt.“

Die Parteichefs sind Katja Kipping und Bernd Riexinger. Beide sind sich mit der Fraktionspitze, Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch, spinnefeind. Die Differenzen zwischen den Spitzenduos sind dabei menschlicher wie politischer Art. Kipping und Riexinger stehen für den fundamentalistischen Parteiflügel, Bartsch ist Reformer und bei Wagenknecht weiß man nie, was sie gerade will.

An Höhn, selbst Reformer, war es, den Vermittler zwischen den Gremien zu spielen. Ein Part, der ihn zunehmend genervt hat. Gerüchte über einen Rückzug gibt es seit längerem.

„Eine Partei braucht eine Führung und einen Vorstand, die auf Vertrauen, Verlässlichkeit und Kooperation beruhen“, schrieb Höhn nun in einem Brief an den Parteivorstand, aus dem die Deutsche Presse-Agentur am Freitag zitierte. „Für mich ist dies nicht mehr gegeben.“

Ersatz ist bereits gefunden: der ehemalige Berliner Senator Harald Wolf soll kommissarisch Bundesgeschäftsführer werden. Er darf sich nun zuallererst der Aufgabe widmen, den Führungsstreit in der Linkspartei zu entschärfen.

Sachsen-Anhalts Linken-Vorsitzender Matthias Höppner rät dem Linken-Spitzenquartett in Berlin sich dringend zusammenzuraufen: „Die Basis der Linkspartei ist nicht gepalten, das Problem ist die Führung.“ Die Linke habe bei der Bundestagswahl in den Städten hinzugewonnen und bei Wählern in prekären Lebenslagen verloren.

„Wir müssen beide Milieus bedienen“, fordert Höppner. „Bei den Themen sind wir stark“, sagt er und nennt den Einsatz für mehr Tarifbindung, die Abschaffung von Hartz IV und den Kampf gegen die Kinderarmut.

Thomas Lippmann, designierter Chef der Landtagsfraktion, merkt an, dass die Führungsprobleme auch auf die Linke in den Ländern abfärben. „Wir brauchen endlich einen Klärungsprozess, wie mit der Situation seit Herbst 2015 umzugehen ist“, fordert Lippmann und meint den Streit innerhalb der Linken über die Strategie in der Flüchtlingskrise. „Wir dürfen das Feld nicht der AfD überlassen.“