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Bundestag Umstrittene AfD-Abgeordnete gewählt

Drei Ausschüsse des Bundestages werden in dieser Legislatur von AfD-Abgeordneten geleitet. Das bringt Unmut mit sich.

31.01.2018, 23:01

Berlin (dpa) l Erstmals übernehmen AfD-Abgeordnete den Vorsitz in drei Bundestagsausschüssen. Sie erhielten am Mittwoch in den Gremien für Haushalt, Recht und Tourismus die nötige Mehrheit. Normalerweise müssen sich die Vorsitzenden nicht zur Wahl stellen, sondern werden lediglich bestimmt. Da jedoch mehrere Ausschussmitglieder Widerspruch gegen die Nominierten anmeldeten, wurden Wahlen notwendig.

Der AfD-Abgeordnete und Euro-Gegner Peter Boehringer wurde in offener Wahl mit den Stimmen seiner eigenen Partei und der FDP zum Vorsitzenden des Haushaltsausschusses gewählt. Die vier Vertreter der Linken stimmten dagegen. Union, Grüne und SPD enthielten sich nach eigenen Angaben. Der Rechtsausschuss wählte den AfD-Abgeordneten Stephan Brandner zu seinem Vorsitzenden. Der Jurist war im Thüringer Landtag wegen verbaler Entgleisungen dutzendfach zur Ordnung gerufen worden. Nach Angaben von Teilnehmern der Sitzung gab es 19 Ja-Stimmen und 12 Nein-Stimmen. Weitere 12 Ausschussmitglieder enthielten sich. Den Ausschuss für Tourismus leitet künftig der junge AfD-Abgeordnete Sebastian Münzenmaier. Union und FDP stimmten bei seiner Wahl mit Ja, die Linke mit Nein. SPD und Grüne enthielten sich. Münzenmaier war zuletzt vom FC Bundestag, einem Hobbykicker-Verein der Abgeordneten, als Mitglied abgelehnt worden. Grund war eine Verurteilung zu sechs Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung bei einem Angriff von Hooligans auf gegnerische Fußballfans. Der Abgeordnete bestreitet den Vorfall und hat Berufung eingelegt. Über den Umgang mit den AfD-Kollegen, die im Herbst neu in den Bundestag einzogen, sind sich die Abgeordneten der anderen Parteien uneins. Der Unions-Haushälter Eckhardt Rehberg (CDU) sah „mehr als ein Fragezeichen hinter der Person Boehringer“.

„Herr Boehringer wird jetzt beweisen müssen, dass er mit der nötigen Zurückhaltung und Neutralität diesen Ausschuss wird leiten können“, sagte er. „Es gab einen Widerspruch von allen Fraktionen mit Ausnahme der AfD.“ Die FDP betonte, sie habe nur „aus formalen Gründen“ zugestimmt. Die Grünen erklärten, für „Hass, Hetze und Diskriminierung“ sei im Haushaltsausschuss kein Raum. Der CSU-Parlamentarier Paul Lehrieder, der im Tourismus-Ausschuss sitzt, erklärte, die Aufteilung der Ausschussvorsitze unter den Parteien entspreche den demokratischen Gepflogenheiten. „Die AfD zum Märtyrer zu machen, ist nicht unser Ansatz.“ Die Linken-Abgeordnete Niema Movassat sieht das anders. „Wir haben als Linke Widerspruch eingelegt gegen Herrn Brandner, weil wir ihn für charakterlich ungeeignet halten, dieses wichtige Amt auszuüben.“ Brandner sei im Thüringer Landtag mit sexistischen und rassistischen Aussagen aufgefallen. Vorsitzende von Bundestagsausschüssen müssen die Sitzungen der Mitglieder vorbereiten, einberufen und leiten. Sie können nicht vom vorgegebenen Zeitplan abweichen. Ihr Handlungsspielraum ist inhaltlich begrenzt: Gegen den Mitglieder-Willen können sie keinen politischen Vorstellungen durchdrücken. In der Regel bemühen sie sich, die Sitzungen überparteilich zu gestalten.