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Bundestagswahl Führende SPD-Politiker warnen vor Rot-Rot

Eigentlich ist die Marschroute für die SPD-Wahlkämpfer klar: Kein öffentliches Rot-Rot-Geplänkel, kein Ampel-Gehampel. Doch es hat begonnen.

02.04.2017, 23:01

Berlin (dpa) l Gemeinsam mit der Führungsriege der Bundespartei hat SPD-Spitzenkandidatin und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft den Schlussspurt zur nordrhein-westfälischen Landtagswahl eingeleitet. Inmitten historischer Industriekulisse des Weltkulturerbes Zeche Zollverein schworen Kraft und Kanzlerkandidat Martin Schulz rund 1400 Genossen in Essen auf einen Doppelsieg ein. Sowohl für die Landtagswahl am 14. Mai als auch für die Bundestagswahl am 24. September setzen beide auf das Thema soziale Gerechtigkeit.

Schulz unterstrich die herausragende Bedeutung des Votums der rund 13 Millionen Wahlberechtigten in NRW auch für die darauffolgende Bundestagswahl und demonstrierte Siegesgewissheit. Wenn Kraft die Wahl in NRW gewinne, verheiße das auch: „Die SPD wird die stärkste Kraft in Deutschland und ich werde Bundeskanzler“, prophezeite Schulz unter dem Jubel der Genossen.

Nach der Wählerabsage an ein rot-rotes Bündnis im Saarland gewinnt die Debatte über eine Ampelkoalition im Bund an Fahrt. Führende Politiker von SPD, Grünen und FDP schlossen ein solches Bündnis am Wochenende nicht aus. SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider sagte, die Ampel passe für die SPD am besten, weil die Gemeinsamkeiten mit Grünen und FDP am größten seien. Zwischen SPD und Linken werden die Töne dagegen schärfer, Altkanzler Gerhard Schröder hält eine rot-rote Koalition derzeit nicht für realistisch.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Olaf Scholz warnte seine Partei offen vor einer Koalition mit der Linken nach der Bundestagswahl. „Wer in Deutschland regieren will, muss vorher beweisen, dass er dazu in der Lage ist“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Nur wer ein klares Bekenntnis zur weiteren Integration Europas und zur Nato abgebe, könne Teil einer Bundesregierung werden. Bei der Linken habe eine solche Klärung noch nicht stattgefunden, sagte Scholz.

Nach „Spiegel“-Angaben hatten SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz und Ex-Parteichef Sigmar Gabriel nach der Niederlage im Saarland intern klargemacht, dass es sich bei der Ampel um ihr bevorzugtes Bündnis handele. Das schlechte SPD-Ergebnis an der Saar wird als Indiz gewertet, dass die Aussicht auf Rot-Rot mehr Wähler abschreckt als gedacht. In Umfragen hat eine Ampel derzeit aber keine Mehrheit.

Für Nordrhein-Westfalen schloss die FDP sechs Wochen vor der Landtagswahl ein Bündnis mit SPD und Grünen kategorisch aus. Ein Landesparteitag verabschiedete am Sonntag in Hamm einen entsprechenden Vorstandsantrag. Für den Bund lässt Parteichef Christian Lindner diese Option aber offen. „Ich schließe nichts aus, wenn sich die SPD statt rückwärtsgewandt zu reden auf Vorwärts besinnt – aber im Moment bewegt sie sich ja von uns weg. Stand jetzt haben wir die größten inhaltlichen Überschneidungen mit der CDU“, sagte er dem „Tagesspiegel“.

Auch SPD und Grüne bekräftigten, ohne Koalitionsfestlegung in die Bundestagswahl zu ziehen. Nach Wahlen müsse man stets entscheiden, mit wem man die meisten der eigenen Inhalte durchsetzen könne, sagte SPD-Vize Ralf Stegner der Deutschen Presse-Agentur. „Das muss immer neu vermessen werden, wenn der Wähler gesprochen hat.“

Schröder sagte dem „Spiegel“, er glaube nicht an eine rot-rote Koalition, „solange die Familie Lafontaine in der Linkspartei tonangebend ist“. Die sei erst möglich, wenn bei der Linken „vernünftige Leute“ wie Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow das Sagen hätten.

Der Linken-Politiker und frühere SPD-Chef Oskar Lafontaine forderte die SPD zu einem Kurswechsel auf. „Ein Ende von Lohndrückerei und Rentenkürzungen kann es in Deutschland erst dann geben, wenn die SPD wieder vom Plagiat zum Original wird“, schrieb Lafontaine in der „Welt am Sonntag“.

Linken-Chefin Katja Kipping verlangte von der SPD ein klares Bekenntnis zu Rot-Rot-Grün im Bund. Die Vorstellung, mit FDP-Chef Lindner „dieses Land sozialer zu machen – das kann doch nur ein schlechter Aprilscherz sein“, sagte Kipping.