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Datenschutz Das Ende der Fotografie?

Unter Rechtsexperten ist eine hitzige Debatte entbrannt, welche Folgen die Datenschutzgrundverordnung für Veröffentlichungen hat.

29.05.2018, 23:01

Magdeburg (dpa) l Wird es künftig noch Fotos von Sportereignissen, Vereinstreffen oder Hochzeiten geben, ohne dass sich die Fotografen dabei strafbar machen? Mit Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sehen manche Rechtsexperten bereits das Ende der Fotografie eingeleitet, wie wir sie kennen. Denn ein digitales Bild der Hochzeitsgesellschaft bildet konkrete Personen ab und erfasst weitere Metadaten wie den genauen Standort und die Zeit der Aufnahme.

Mit dem Hochladen auf eine Website erfolgt zudem eine Datenverarbeitung. Dafür brauche es künftig eine ausdrückliche Einwilligung jeder Person, was in der Praxis zumindest bei größeren Veranstaltungen quasi unmöglich sein dürfte, befürchten Rechtsexperten. Datenschützer warnen dagegen vor überzogenen Befürchtungen. Also alles halb so wild?

In Deutschland steckte für Fotografien bislang das Kunsturhebergesetz (KUG) die rechtliche Ausgestaltung ab. Ob und inwieweit das KUG weiterhin gelten wird, darüber sind sich Beobachter, Betroffene und Experten bislang jedoch uneins.

Mit dem KUG sollten bisher die verschiedenen Interessen ausgewogen zur Geltung kommen – also die Persönlichkeitsrechte der jeweils Abgebildeten und das Interesse der Fotografen an der Ausübung ihres Berufs. Bei Ereignissen wie öffentlichen Konzerten oder Sportveranstaltungen wurde dabei zum Beispiel keine explizite Einwilligung jedes Einzelnen verlangt, die Personen galten als Beiwerk.

Mache ich mich jetzt also potenziell strafbar, wenn ich ein Foto an einem gut besuchten Strand mache und online stelle? Das Recht dazu drohe wegen Untätigkeit des Gesetzgebers seit dem 25. Mai abgeschafft zu werden, schreibt Rechtsanwalt Benjamin Horwath in einem Blogbeitrag. Denn die DSGVO benennt dafür keine Ausnahmen, die Geltung des KUG sei nicht geklärt. Bilder gelten demnach generell als personenbezogene Daten, sobald eine Person identifiziert werden kann.

Wer professionell seine Fotos vertreiben will, müsste dann grundsätzlich einen Vertrag mit jeder einzelnen Person abschließen. „Denn Ausnahmen von der vorrangigen Geltung der DSGVO gegenüber dem KUG sind bislang nur für die institutionalisierte Presse vorgesehen“, schreibt Horwath. Freie Fotografen wären demnach direkt betroffen. Und jeder Segelclub oder Ortsverein, der Fotos von seiner Jahresfeier veröffentlicht, würde dann gegen das Recht verstoßen. Die Geltung des KUG für jedermann „in rechtssicherer Weise“ sicherzustellen, habe der Gesetzgeber bislang versäumt, so Horwath.

„Ich bin entsetzt über die ganze Panikmache“, sagt dagegen Thomas Hoeren, Professor an der Universität Münster. „KUG, Recht am eigenen Bild, Fotografen können keine Bilder mehr machen – das ist blanker Unsinn“, ist der Medienrechtler überzeugt.

Auch die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff spricht von „großer Panikmache“. Voßhoff ist davon überzeugt, dass mit Inkrafttreten der DSGVO das Kunsturheberrecht weiterhin Geltung hat.

Wie verhält sich also die DSGVO zum Kunsturhebergesetz nun wirklich? „Das ist die Kernfrage, um die sich derzeit alles dreht“, schreibt die Anwaltskanzlei Wilde Beuger Solmecke. Wegen noch fehlender Rechtsprechung bleibe eine Unsicherheit. Die wiederum könne Grund genug sein, dass sich vor allem Abmahn-Anwälte die Hände reiben dürften. Letztlich bleibe zu hoffen, dass am Ende nichts so heiß gegessen wie gekocht werde und die Behörden und Gerichte in die Diskussion um KUG und DSGVO schnell Ruhe bringen werden, schätzt die Medienrechtskanzlei.