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EU-Außengrenze Erdogan fodert Öffnung

Die Lage an der türkisch-griechischen Grenze droht zu eskalieren. Dort harren auf türkischer Seite viele Migranten aus.

08.03.2020, 23:01

Athen/Istanbul/Brüssel (dpa) l Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Griechenland aufgerufen, die vielen Migranten an der gemeinsamen Grenze durchzulassen. „Hey Griechenland, diese Menschen kommen nicht zu dir und bleiben, sie kommen zu dir und gehen in andere Länder Europas. Warum störst du dich daran?“, sagte Erdogan am Sonntag auf einer Veranstaltung in Istanbul. „Mach du doch auch die Tore auf“, sagte Erdogan. Er selbst hatte am 29. Februar verkündet, die türkische Grenze sei für Migranten geöffnet. Tausende hatten sich auf den Weg gemacht, viele harren immer noch im Grenzgebiet aus. Zur Entschärfung des Migrationsstreits mit der EU reist Erdogan heute zu Gesprächen nach Brüssel. Nachdem Ankara am 29. Februar die Grenze zur EU für offen erklärt hatte, ist das Verhältnis beider Seiten äußerst angespannt. Brüssel hatte Ankara im Rahmen des Flüchtlingspakts 6 Milliarden Euro zugesagt. Laut EU-Kommission sind bislang 4,7 Milliarden Euro vertraglich vergeben und rund 3,2 Milliarden ausbezahlt. Erdogan dringt auf weiteres Geld.

Der griechische Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis bezeichnete den EU-Flüchtlingspakt mit der Türkei als tot. „Ganz ehrlich? Im Moment ist die Vereinbarung tot“, sagte Mitsotakis in einem CNN-Interview.

An der türkisch-griechischen Grenze kam es in der Nacht und am frühen Sonntag immer wieder zu Attacken von türkischer Seite aus, wie griechische Medien berichteten. Migranten kampierten in einem Waldstück auf der türkischen Seite, ihre Zelte waren von Tränengasschwaden eingenebelt. Einige versuchten, in der Nähe des Grenzübergangs Pazarkule die türkisch-griechische Grenze zu durchbrechen. Für Aufregung sorgten Aufnahmen einer Wärmebildkamera der griechischen Polizei. In der Nacht zum Sonnabend wurde damit ein gepanzertes Fahrzeug beim Versuch gefilmt, den Grenzzaun einzureißen, um den Flüchtlingen und Migranten den Weg nach Europa freizumachen. Die Aufnahmen zeigen den Berichten zufolge ein gepanzertes türkisches Fahrzeug vom Typ „Hizir/Ates“. Andere Videos zeigen türkisches Militär, das Tränengaskartuschen oder Rauchbomben über die Grenze schießen soll.

Die türkische Küstenwache griff in der Ägäis 121 Migranten auf, die mit Booten versuchten, nach Griechenland zu gelangen. Die griechische Küstenwache habe die Boote zurück in türkische Gewässer abgedrängt, hieß es. Mehr als 42 000 Flüchtlinge leben derzeit in völlig überfüllten Flüchtlingslager auf den Inseln Lesbos, Chios, Samos, Leros und Kos. Auf Lesbos mobilisieren sich zunehmend Einwohner gegen Flüchtlinge und Hilfsorganisationen. Am Sonnabend wurde auf Lesbos ein Großteil der Gebäude der Schweizer Hilfsorganisation „One Happy Family“ durch einen Brand zerstört. Verletzt wurde niemand.

Der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans mahnte im „Interview der Woche“ des Deutschlandfunks rasche Unterstützung für Kinder an. Etwa 1000 unbegleitete Minderjährige müssten schnell aus den Lagern in Griechenland herausgeholt werden.