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Europa Ukraine rückt näher an die EU

Die krisengeschüttelte Ukraine rückt zu Jahresbeginn noch näher an die EU. Geht es nun wirtschaftlich etwas bergauf?

30.12.2015, 23:01

Brüssel/Kiew (dpa) l Wohl kaum ein Freihandelsabkommen hat im Vorfeld für so viel Ärger gesorgt wie das zwischen der Ukraine und der EU. Zum Jahresbeginn tritt es nun in Kraft – ungeachtet des massiven Widerstands aus Russland. Droht nun eine weitere Eskalation? Fragen und Antworten im Überblick:

 

? Warum sorgt das Abkommen für so viel Ärger?

Weil Russland fast alles versucht, um eine Annäherung seines Nachbarlandes Ukraine an die EU zu torpedieren. Kurz bevor das Partnerschafts- und Freihandelsabkommen im November 2013 unterschrieben werden sollte, begann der Kreml Druck auf den damaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch auszuüben. Dieser weigerte sich daraufhin, den bereits ausgehandelten Vertrag zu unterschreiben.

In Folge beginnen die pro-europäischen Proteste auf dem Maidan im Zentrum der Hauptstadt Kiew, die schließlich zum Sturz von Janukowitsch führen. Die Entmachtung des Russland-treuen Präsidenten mündet wiederum in der vom Westen als völkerrechtswidrig erachteten Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim und Moskaus Unterstützung für Separatisten im Osten der Ukraine.

 

? Was hat Russland gegen den Handelspakt?

Das Land verweist vor allem auf Sorgen um die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft. Das Abkommen kann demnach Nachteile schaffen, weil zollfreie EU-Importe über die Ukraine auch nach Russland gelangen könnten. Hintergrund ist die Tatsache, dass die Ukraine über die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) gleichzeitig ein Freihandelsabkommen mit Russland hat. Die EU ist hingegen der Ansicht, dass es möglich gewesen wäre, alle praktischen Probleme zu lösen. Demnach will Russland grundsätzlich die Annäherung der Ex-Sowjetrepublik an die Europäische Union verhindern – vor allem aus geopolitischen Erwägungen. Dies ist für die EU nicht hinnehmbar. Jeder Staat müsse selbst entscheiden können, mit wem er Abkommen oder Bündnisse schließe, heißt es.

? Die Versuche, das Freihandelsabkommen zu Fall zu bringen, sind gescheitert. Ist zu befürchten, dass der Kreml wieder verstärk die prorussischen Separatisten in der Ukraine unterstützt, um die prowestliche Regierung in Kiew zu destabilisieren?

Wenn Russland ein Ende der folgenschweren EU-Sanktionen will, wäre das eine schlechte Idee. Beschlossen sind aber bereits andere Maßnahmen. Als Reaktion auf die wirtschaftliche Partnerschaft der Ukraine mit der EU setzt Russland zum 1. Januar seinerseits den Freihandel mit dem Nachbarland aus.

? Was bedeutet das für die ohnehin schon angeschlagene Wirtschaft der Ukraine?

Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum brachen die Exporte ukrainischer Unternehmen nach Russland bereits von Januar bis August 2015 um knapp 60 Prozent auf 2,9 Milliarden Euro ein. Weitere Einbußen werden erwartet. „Die Ukraine ist sich über den zu erwartenden Schaden für die ukrainische Wirtschaft im Klaren“, sagte Präsident Petro Poroschenko kurz vor Weihnachten am Rande eines Treffens mit EU-Spitzenvertretern in Brüssel. „Aber wir sind bereit, diesen Preis für unsere Freiheit und für unsere Entscheidung für Europa zu zahlen.“

? Und was bedeutet das Abkommen für die EU?

Für Unternehmen aus der EU wird der Zugang zu einem Absatzmarkt mit rund 45 Millionen Konsumenten deutlich einfacher. Durch den Wegfall von Zöllen können sie nach Berechnungen der EU-Kommission zudem jedes Jahr Kosten in dreistelliger Millionenhöhe einsparen. Sollte die ukrainische Wirtschaft allerdings noch tiefer in die Krise abgleiten, könnten neue EU-Kredite notwendig werden.

Die Ukraine hat von der EU bereits in der Vergangenheit Finanzhilfen in Höhe von mehr als 2,2 Milliarden Euro erhalten. Weitere 1,2 Milliarden Euro sind bereits bewilligt. „Wenn die Ukraine auf dem Reformweg bleibt, steht die EU-Kommission an der Seite der Ukraine. Wir werden das Land weiter so unterstützen, dass es seinen internationalen Verpflichtungen nachkommen kann“, sagte jüngst EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.