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FDP Sitta: „Wir wären für Neuwahlen bereit“

Die FDP kommt am Wochenende zum Bundesparteitag zusammen. Mit Landeschef Frank Sitta sprach im Vorfeld Steffen Honig.

21.04.2016, 23:01

Sie reden sich das Wahlergebnis von 4,9 Prozent damit schön, dass die Liberalen als einzige Partei der Mitte Stimmen hinzugewonnen haben. Wie definieren Sie Mitte?

Angela Merkel hat einmal gesagt: Die Mitte ist rechts von links. Genauso richtig ist aber: Die Mitte ist auch links von rechts. Was ich sagen will: Alle Parteien links der AfD und rechts der Linken - also die, die allesamt Stimmen verloren haben.

Wie würden Sie die AfD charakterisieren?

Die AfD sucht sich immer neue Spielfelder, wo sie provozieren und den Menschen mit populistischen Forderungen Angst machen kann. Weil die Flüchtlinge immer weniger werden, greift sie jetzt pauschal eine Religion – den Islam - an. Wir hingegen wünschen uns grundsätzlich ein weltoffenes Sachsen-Anhalt, in dem kontrollierte Zuwanderung eine Chance sein kann. Im Landtag sitzen für die AfD neben den Vertretern aus der Zeit der Euro-Kritik auch Leute, die einen Rechtsschwenk verkörpern. Deshalb bleibt diese Partei für uns rechtspopulistisch.

Durch die Landtags-Abstinenz haben Sie einen Blick von der Seitenlinie auf das Spielgeschehen in der Landespolitik. Wie beurteilen Sie den Weg zum Koalitionsvertrag?

Wenn der frisch gewählte christdemokratische Landtagspräsident und der parlamentarische Geschäftsführer der CDU am Protest der Bauern gegen die Grünen teilnehmen, sagt das viel über die Zerrissenheit der CDU-Fraktion. Überdies stehen wesentliche Vorhaben, wie die Einstellung von Lehrern und Polizisten unter Finanzierungsvorbehalt. Die Neuregelung der Kita-Gebühren wird auf Ende 2017 verschoben. Ich würde mich deshalb nicht wundern, wenn Herr Haseloff die Simonis macht.

In der Bildungspolitik, zentrales FDP-Thema, fordern Sie ein Ende der Sparpolitik bei den Hochschulen. Glauben Sie, dass dies passiert?

Das kann ich nur hoffen. Hochschulen sind Magneten, die sowohl Menschen nach Sachsen-Anhalt ziehen als auch die Gründung innovativer Unternehmen befördern. Wir müssen endlich aufhören; diese nur buchhalterisch als Kostenfaktoren zu betrachten.

Sie liebäugeln bei einem Scheitern von Kenia mit Neuwahlen. Ein hohes Risiko.

Ich zweifele daran, dass diese Regierung fünf Jahre hält. Neben der Kenia-Koalition wären nur eine Minderheitsregierung oder eine CDU-AfD-Koalition möglich. Beides ist unwahrscheinlich. Wenn es Neuwahlen gäbe, dann sicher erst nach einem großen Knall. Wir wären für Neuwahlen bereit.

Reden wir über die Rolle der FDP bundesweit: Das reicht in den Ländern von Regierungsbeteiligung bis zur außerparlamentarischen Opposition. Welche Klammer eint die Bundes-FDP?

Im Leitantrag für den Bundesparteitag geht es um die Digitalisierung – für uns der größte Umbruch seit der industriellen Revolution. Da müssen wir das Land wachrütteln – das betrifft den Osten und den Westen gleichermaßen. Zudem wollen wir unsere proeuropäische Position verdeutlichen  ...

...  von der in der FDP bei der Griechenland-Rettung wenig zu spüren war  ...

... weshalb wir gerade jetzt – angesichts der aktuellen Herausforderungen – unser Profil schärfen müssen. Und zwar ohne rosarote Brille.

Sie wollen Spitzenkandidat der Landes-FDP für die Bundestagswahl 2017 werden. Mutig, denn Sie könnten ein zweites Mal als Verlierer dastehen.

Richtig ist, dass wir mit mir als Spitzenkandidat unser Wahlziel verfehlt haben – verloren haben wir deshalb aber nicht. Sicher hätte ich auch hinschmeißen können. Dann müsste ich mir jetzt nachsagen lassen, ich wäre ein Glücksritter gewesen, der sich nun aus der Verantwortung stiehlt. Ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg. Deshalb war es für mich wichtig, die Kandidatur früh bekanntzugeben.

Schwarz-Grün im Bund nach 2017 wird inzwischen hoch gehandelt. Ist die FDP bei der Union bereits abgemeldet?

Nun, diese Frage ist für uns derzeit nicht relevant. Wir werden in allererster Linie zunächst einmal für eine starke freidemokratische Fraktion kämpfen. Was danach passiert, sehen wir, wenn es soweit ist. In Rheinland-Pfalz sehen Sie gerade, dass die herkömmlichen, klassischen Farbenspiele nicht mehr sakrosankt sind.

Zurück nach Sachsen-Anhalt: Was würden Sie Reiner Haseloff, sollte er gewählt werden, als persönliche Botschaft mitgeben?

Ich würde ihm gratulieren und eine gute Hand beim Regieren wünschen. So gehört sich das unter Demokraten. Und vielleicht sollte sich Herr Haseloff ein Beispiel an Hans-Dietrich-Genscher nehmen. Über ihn sagt man: Wo er war, war gute Laune. Und das ist etwas, was unser Land bitter nötig hat. Aber sein größter Traum ist es ja, nächstes Jahr den Papst in Wittenberg zu begrüßen.