1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Volksentscheid setzt Müller unter Druck

Flughafen Tegel Volksentscheid setzt Müller unter Druck

Alles auf Anfang beim Berliner Flughafen Tegel? Wohl nicht. Dennoch liegt der Ball nun beim Senat.

25.09.2017, 10:45

Berlin (dpa) l Nach dem erfolgreichen Volksentscheid für den Weiterbetrieb des Berliner Flughafens Tegel macht die Opposition Druck. "Für den Regierenden Bürgermeister Michael Müller besteht jetzt ein unmissverständlicher Auftrag, die rechtlich mögliche Offenhaltung von Tegel mit Respekt und Nachdruck umzusetzen", erklärte FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja am Montag. "Dieses Votum der Bürger kann nicht wie ein inspirationsloser Koalitionsvertrag korrigiert werden." Berlin habe "klar mit Herz und Verstand" entschieden.

Ähnlich äußerte sich CDU-Fraktionschef Florian Graf. "Ich fordere den Regierenden Bürgermeister auf, dieses Votum zu akzeptieren und ab jetzt den demokratischen Bürgerwillen in einer neuen Flughafenpolitik umzusetzen", sagte er. "Berlin und die Berliner brauchen und wollen die Offenhaltung von Tegel. Nun ist es Zeit, dass Herr Müller Verantwortung übernimmt und gemeinsam mit Brandenburg und dem Bund für Rechtssicherheit und klare Perspektiven sorgt."

Bei dem Volksentscheid für den Weiterbetrieb des Stadtflughafens Tegel hatten 56,1 Prozent der Wähler mit Ja und 41,7 Prozent mit Nein gestimmt. Das Votum ist für den Senat rechtlich nicht bindend, weil nicht über einen Gesetzentwurf abgestimmt wurde.

Schon vor vielen Jahren hatten Berlin, Brandenburg und der Bund entschieden, dass Tegel nach Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens BER schließen soll. Der rot-rot-grüne Senat will daran nicht rütteln. Gleichwohl hat Müller neue Gespräche mit den anderen beiden Gesellschaftern angekündigt und eine neuerliche rechtliche Prüfung in Aussicht gestellt. Am Nachmittag wollte der Koalitionsausschuss von SPD, Linke und Grünen das weitere Vorgehen beraten.

Müller will aus dem Ergebnis des Volksentscheids keine persönlichen Konsequenzen ziehen. "Es war insgesamt ein politisches Projekt dieser Regierung", sagte er am Montag im Inforadio des RBB. "Hier hat nicht Michael Müller ganz alleine vorneweg mit der Fahne für die Schließung von Tegel gekämpft, sondern es war die Koalition."

Es sei für ihn persönlich aber keine schöne Situation, weil er sich Tegel als Zukunftsstandort weiter wünsche, so Müller. Bei dem Volksentscheid sei es um eine Sachfrage gegangen, bei der die Verärgerung über den BER eine große Rolle gespielt habe. Nach diversen Verzögerungen gibt es weiter keinen BER-Eröffnungstermin. Die Rede ist von 2019 oder 2020.

Flughafen-Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider sieht nun zunächst den Senat am Zug. "Der Volksentscheid richtet sich an den Berliner Senat, und der muss nun auf die Gesellschafter zugehen, wie es der Regierende Bürgermeister Michael Müller ja bereits angekündigt hat", sagte der Staatssekretär, der auch Brandenburgs Flughafen-Koordinator ist, der Deutschen Presse-Agentur.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte bereits am Sonntagabend einen Tegel-Weiterbetrieb weitgehend ausgeschlossen. Dies sei schon aus rechtlichen Gründen schwierig. Woidke wies auch auf die großen Investitionen rund um den BER hin. "Wir haben in der Region Schönefeld viele Unternehmen, die bereits investiert haben, in Erwartung des Single-Airports BER – und ich glaube es wäre unklug von der Politik, diese Erwartungen zu enttäuschen."

Schönefelds Bürgermeister Udo Haase (parteilos) forderte die Gesellschafter auf, neu über die Zukunft Tegels nachzudenken. "Ich freue mich für die Schönefelder und die Bürger der anderen Umlandgemeinden des BER, weil diese Entscheidung in jedem Fall bei uns Entlastung bringen könnte", sagte er der dpa. "Aus meiner Sicht wäre es jetzt notwendig und richtig, den Flughafen Tegel für die Regierung, die allgemeine Luftfahrt und als Havarie- und Notlandeplatz mit sehr eingeschränkten Start- und Landezeiten zu erhalten", meinte Haase. "Nur so kann es der großen Politik gelingen, Vertrauen zurückzugewinnen und dem Volk zu zeigen, dass Abstimmungen nicht völlig sinnlos sind."