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Franco A. Wenn Nationalstolz gewalttätig wird

Ist die Bundeswehr noch ein "Spiegel der Gesellschaft"? Durch die Affäre um Franco A. gewinnt die Frage neue Brisanz.

19.05.2017, 23:01

Berlin (dpa) l Im Zuge der Affäre um den rechtsextremen Offizier Franco A. hat die Bundeswehr ihre Kasernen nach Andenken an die Zeit der Wehrmacht durchkämmt. Hier wurde ein Foto gefunden, dort ein Wandbild entfernt. Weg damit. Das ist schnell erledigt. Herauszufinden, mit wie vielen Soldaten Franco A. seine in einer Masterarbeit bereits 2013 dargelegte Angst vor einem Komplott mit dem Ziel der "Auflösung" der Volkes geteilt hat, ist ungleich mühsamer.

Der Generalbundesanwalt geht nach den bisherigen Ermittlungen davon aus, dass Franco A. gemeinsam mit dem Soldaten Maximilian T. und dem Studenten Mathias F. Anschläge auf hochrangige Politiker und andere bekannte Persönlichkeiten geplant hat. Ihr Motiv: die Ablehnung einer aus ihrer Sicht verfehlten Migrations- und Asylpolitik. Um die Tat als Terrorakt eines radikalen Islamisten erscheinen zu lassen, legt sich Franco A. eine falsche Identität als "syrischer Flüchtling" zu.

Dass die Verschwörung aufgeflogen ist, haben die deutschen Behörden der österreichischen Polizei zu verdanken. Sie nimmt Franco A. am 3. Februar fest, als er auf dem Wiener Flughafen eine versteckte Pistole abholen will. Unterstützung erhalten die Karlsruher Ermittler vom Militärischen Abschirmdienst (MAD), der mögliche Verbindungen zwischen den Verschwörern und elf anderen Bundeswehr-Angehörigen prüft. Diese waren schon vor der Festnahme von Franco A. durch Kontakte zur rechten Burschenschaft Danubia und zur rechtsextremen Identitären Bewegung (IB) aufgefallen.

Die Abgrenzung zu diesen beiden Gruppierungen ist auch bei der AfD schon mehrfach Thema gewesen. Im April 2014 sagte der damalige Parteichef Bernd Lucke in einem Interview: "Wir distanzieren uns ganz eindeutig von der Burschenschaft Danubia, deren Aktivas vom Verfassungsschutz beobachtet wird wegen rechtsextremer Tendenzen." Anlass für Luckes Äußerungen waren damals Berichte über das bayerische AfD-Mitglied Benjamin Nolte.

Nolte musste wegen seiner Vergangenheit als aktives Mitglied der in München ansässigen "Danubia" schließlich seinen Posten als stellvertretender Bundeschef der "Jungen Alternative" räumen. Ein Parteiausschlussverfahren wurde aber nicht beantragt. Im Sommer 2015 gab Lucke auf. Als Reaktion auf den von ihm konstatierten "Rechtsruck" verließ er die AfD. Nach seinem Weggang hatte der rechtsnationale Flügel um den Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke mehr Beinfreiheit.

Zwar legte die AfD-Spitze im Juli 2016 fest, "dass es keine Zusammenarbeit der Partei Alternative für Deutschland und ihrer Gliederungen mit der sogenannten "Identitären Bewegung" gibt". Doch so hundertprozentig funktioniert das bei der AfD nicht mit der Distanzierung. Bayerns AfD-Landeschef Petr Bystron wird aktuell wegen Sympathie-Bekundungen für die IB vom Verfassungsschutz beobachtet. Inzwischen hat er seine "zweideutig auslegbaren Äußerungen" zur IB bedauert. Die Mitglieder der "Identitären Bewegung" treten in ihren Videos zwar gerne martialisch auf, tragen aber keinen Neonazi-Look. Sie warnen vor einem "Bevölkerungsaustausch" durch Migration. Ihr erklärtes Ziel ist ein Stopp der Zuwanderung nach Europa. Ähnliche Ideen hat auch Franco A. in seiner Abschlussarbeit dargelegt, die von dem französischen Prüfer wegen rassistischer Inhalte abgelehnt worden war. Der Soldat beklagt in seiner Masterarbeit auch, dass die Begriffe "Nationalismus" und "Patriotismus" immer mehr aus dem öffentlichen Diskurs verbannt würden.

Auch in der AfD, wo das Wort "Patriotismus" stark positiv besetzt ist, haben viele Sorge um die Zukunft der Deutschen. In seiner umstrittenen Dresdner Rede vom Januar erklärt Björn Höcke, die Existenz der Deutschen sei "durch Import fremder Völkerschaften gefährdet". Zur Gewalt ruft Höcke nicht auf. Er sagt: "Die AfD ist die letzte evolutionäre, sie ist die letzte friedliche Chance für unser Vaterland."