Friedenssymbole Raketen zu Rosen

Am Rande des Gazastreifens lebt man gefährlich. Israeli Jaron Bob hätte fast eine Rakete getroffen. Für den Künstler Anlass zur Inspiration.

02.08.2019, 23:01

Yated (dpa) l Eine Rakete veränderte vor zwölf Jahren das Leben des Kunstlehrers und Schmieds Jaron Bob mit einem Schlag. Während der Pause an einer Schule nahe dem Gazastreifen fiel das Geschoss nur zehn Meter von ihm entfernt zu Boden. Nie zuvor habe er so viel Angst gehabt, sagt Bob. Und aus dieser Angst sei sein Kunstprojekt „Raketen zu Rosen“ entstanden. „Ich saß zu Hause und begann zu zittern“, erzählt Bob in seiner Werkstatt in Jated, kaum zehn Kilometer vom Gazastreifen entfernt. „Mein ganzer Körper zitterte, das Blut schoss durch meine Adern. Damit hatte ich nicht gerechnet.“

Im Konflikt mit Israel haben Palästinenser in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehrere Tausend Raketen aus dem Gazastreifen in Richtung Israel abgefeuert. Israels Luftwaffe greift im Gegenzug immer wieder Ziele im seit zwölf Jahren blockierten Küstengebiet an. Nach dem Raketeneinschlag wollte sich Bob beruhigen und ging in seine Werkstatt, wo er Kunst aus Gabeln und aus anderem Metallabfall fertigt. Dort betrachtete er eine Rakete, die ihm ein Sicherheitsmann gebracht hatte, weil er dachte, Bob könne etwas daraus machen. „Es war, als machte sie sich über mich lustig, und ich wurde wütend und wollte ihr die Macht nehmen und keine Angst mehr haben“, sagt er. „Ich begann, die Rakete zu zerschneiden und sie von einem Symbol des Todes und der Zerstörung in etwas zu verwandeln, das Wärme, Sicherheit und Schutz darstellt.“ Das Bild, das er vor Augen hatte, war das eines Rosenbusches aus dem Garten seiner Mutter. Für ihn war es ein Symbol für die Umarmung einer Mutter. So entschied er sich, Rosen zu machen. Seitdem hat Bob mehr als tausend Kunstwerke aus Raketenteilen gefertigt. Neben Rosen hat er auch siebenarmige Leuchter, Davidsterne und Friedenssymbole wie Tauben auf Ölzweigen gefertigt.

Seine Werke werden weltweit verschenkt – unter anderem an den früheren UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, und den ehemaligen US-Außenminister John Kerry. Bilder in seiner Werkstatt zeigen die berühmten Empfänger mit der Raketenkunst. Zu sehen ist sie auch in einer Kirche auf der Isle of Man – einer Insel im Besitz der britischen Krone in der Irischen See.

Selbst einige Palästinenser aus dem Westjordanland hätten bereits seine Werkstatt besucht, sagt Bob, und auch Palästinenser, die er im Ausland getroffen habe, hätten Interesse gezeigt. „Sie sagten, dass jeder im Frieden leben wolle“, berichtet der Künstler.

Inzwischen bringen Polizisten und Soldaten Bob immer wieder Raketen. Daraus etwas zu fertigen, ist für ihn eine Art Therapie. „Nachdem ich die Rosen gemacht hatte, fühlte ich Gelassenheit. All die negativen Emotionen verblassten.“ Ein Teil des Erlöses seiner Kunst spendet Bob wohltätigen Organisationen wie der Gruppe „No Soldier Left Behind“, die sich um Soldaten mit posttraumatischen Belastungsstörungen kümmert. Er arbeitet auch selbst mit Betroffenen. Ein ehemaliger Soldat mit körperlichen und seelischen Narben habe beim künstlerischen Arbeiten in Bobs Werkstatt zurück ins Leben gefunden, berichtet der Gründer der Organisation, Shai Kozlovsky.

In Jated, wo Bobs Werkstatt liegt, hat es nicht immer Raketen geregnet. Als der Künstler vor gut 20 Jahren hierher zog, lockten ihn die Felder und Wiesen. Hier wollte er seine Kinder aufziehen. Doch Anfang der 2000er Jahre flogen die ersten Raketen Richtung Israel. Das Land hatte den Gazastreifen während des Sechstagekrieges 1967 besetzt. Seine Truppen zog Israel 2005 wieder ab. Trotzdem beruhigte sich die Lage nicht. Binnen einem Jahrzehnt kam es zu drei Kriegen zwischen Israel und militanten Palästinensern in dem Küstengebiet.

Bob arbeitet normalerweise nur mit Raketen, die niemanden verletzt oder getötet haben, sagt er. Doch im vergangenen Mai habe er auf die Bitte eines Kommandanten eine Ausnahme gemacht. Aus den Geschossen, die sie getroffen hatten, fertigte Bob für zwei verletzte Soldaten je eine Raketenskulptur mit einer Friedenstaube.

Trotz der anhalten Gewalt in seiner Heimat blickt Bob optimistisch in die Zukunft. Er hofft, dass eines Tages Frieden herrschen wird.