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Gipfel Trump trifft Putin in Helsinki

Vorhang auf für die große Trump-Putin-Show in Helsinki. Kann der Kreml-Chef den US-Präsidenten für seine Zwecke einspannen?

15.07.2018, 18:10

Helsinki (dpa) l Das Interesse ist riesig. Weil der US-Präsident eine seltsame Verbundenheit mit dem Kreml-Chef zu haben scheint. Weil es der Höhepunkt seiner Europareise ist, auf der er Angela Merkel und Theresa May düpierte und die anderen Nato-Länder in Brüssel vor sich hertrieb. Und weil Trumps erster Gipfel heute mit Putin überschattet wird von neuen Entwicklungen in der Russland-Affäre.

Ob ein Neuanfang in den belasteten Beziehungen gelingen kann, ist aber fraglich. Recht wahrscheinlich, dass Trump das Treffen unabhängig vom Verlauf als Erfolg verkaufen wird. So wie er schon seine Begegnung mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un trotz wohlklingender, aber unverbindlicher Resultate als historischen Durchbruch darstellte.

Rund 8500 Kilometer von der finnischen Hauptstadt entfernt in Washington kreist unterdessen fast alles nur um ein Thema: die neuen Vorwürfe in der Russland-Affäre. Sonderermittler Robert Mueller klagte am Freitag zwölf russische Geheimdienstmitarbeiter wegen der Hackerangriffe auf die Demokraten im Wahlkampf 2016 an. Damit wird erstmals der russische Militärgeheimdienst GRU direkt beschuldigt, hinter dem Angriff auf das Lager von Trumps Konkurrentin Hillary Clinton zu stehen.

Wenige Stunden bevor die Anklage bekannt wurde, hatte Trump sich noch darüber beklagt, dass ihm die Russland-Ermittlungen eine Zusammenarbeit mit Moskau sehr erschwerten. Dass der stellvertretende Justizminister Rod Rosenstein die Anklage gegen die Geheimdienstler nun ausgerechnet drei Tage vor dem Gipfel mit Putin vorlegte, zeigt einmal mehr, dass Trump und seine Regierung keinen einheitlichen Russland-Kurs verfolgen.

Seine Ministerien lassen Waffen an die Ukraine liefern, verhängen Sanktionen gegen Moskau, weisen russische Diplomaten aus, werfen dem Kreml Menschenrechtsverletzungen vor. Aber Trump erweckt oft den Eindruck, als stünde er nicht so recht hinter dieser Politik. Zwar wird er nicht müde zu betonen, niemand verfolge einen härteren Kurs gegenüber Moskau als er. Indem er aber zum Beispiel die Zukunft der von Russland annektierten Halbinsel Krim betont offen lässt, untergräbt er immer wieder die Linie seiner eigenen Regierung. Der US-Botschafter in Moskau, Jon Huntsman, erklärte, man wolle Russland für die Rolle in den Bürgerkriegen in Syrien und der Ukraine sowie für die mutmaßlichen Hackerangriffe auf US-Ziele zur Rechenschaft ziehen. Das wird freilich schwer zu prüfen sein, wenn Trump Putin zum Vier-Augen-Gespräch trifft.

Die russische Seite schraubte die Erwartungen vor dem Treffen demonstrativ herunter. Es wäre schon ein Erfolg, wieder einen normalen Dialog zu beginnen, sagte Außenminister Sergej Lawrow. „Fast alle Kommunikationskanäle, die in den vergangenen zehn Jahren geschaffen wurden, sind eingefroren.“ Für den Kreml ist es schon ein Achtungserfolg, dass der Gipfel überhaupt stattfindet. Die Zeit der Isolation nach Annexion der Krim scheint vorbei. Russland hat sich auch durch das militärische Eingreifen in Syrien wieder Augenhöhe mit den USA verschafft.

Und dann ist Putins Gegenüber beim Gipfel eben nicht mehr Barack Obama, der Russland verächtlich eine Regionalmacht nannte. Sondern es ist Trump, der sagte, er könne sich vorstellen, Putin zum Freund zu haben.

Putin hat durchaus konkrete Ziele. So will er unbedingt verhindern, dass der Druck der USA auf Moskau noch stärker wächst. Die bisherigen US-Sanktionen hat Russland relativ gut weggesteckt. Doch mit einer neuen Strafrunde vom April griffen die USA in Eigentümerstrukturen wichtiger russischer Firmen ein: So musste der Oligarch Ole Deripaska die Kontrolle über Rusal abgeben, einen Aluminiumhersteller von Weltrang. Russische Beobachter rechnen damit, dass Putin zum Beispiel erklären könnte, dass Russland sich natürlich nicht in die US-Kongresswahlen im Herbst einmischen werde – ein Erfolg, den Trump daheim verkaufen könne. Dass solch eine Botschaft in einer Demokratie schon als Erfolg betrachtet werden mag, wirft ein Licht auf die aktuellen Zustände. (dpa)