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Große Koalition Nahles bei Parteibasis in Thüringen

Der Thüringer Landesverband war der erste in der SPD, der sich gegen eine große Koalition mit der Union ausgesprochen hatte.

25.02.2018, 16:32

Erfurt/Jena (dpa) l Wenige Tage vor Ende des SPD-Mitgliedervotums hat die Parteispitze in Thüringen für eine Neuauflage der umstrittenen großen Koalition geworben. "Ich bin sehr optimistisch, dass wir eine Mehrheit haben werden, aber ich kämpfe momentan auch um das Ergebnis, es sollte eine gute Mehrheit sein", sagte die designierte SPD-Chefin Andrea Nahles am Samstagabend nach einer Basisveranstaltung in Jena. "Mein Gefühl sagt mir, es wird besser als befürchtet." Rund 200 Mitglieder aus Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt hatten an der Diskussion teilgenommen.

Etwa ebenso viele kamen am Sonntag nach Erfurt, wo der Juso-Bundesvorsitzende Kevin Kühnert für die Ablehnung der großen Koalition warb. Er lasse die Argumentation nicht zu, dass sich die Sozialdemokraten zwischen den Alternativen GroKo oder Neuwahlen entscheiden müssten. "So billig ist das nicht." Derzeit können die etwa 463.000 SPD-Mitglieder per Briefwahl abstimmen, ob ihre Partei im Bund erneut in eine Regierung mit CDU und CSU gehen soll.

Die Parteimitglieder führten diese Diskussion mit großer Ernsthaftigkeit, sagte Nahles in Jena. "Jedes einzelne Mitglied hat es jetzt in der Hand." Nach mehreren Regionalkonferenzen habe sie den Eindruck, dass die innerparteiliche Debatte sachlicher werde. Auch der Thüringer SPD-Bundestagsabgeordnete Christoph Matschie sieht Anzeichen, dass die Skepsis an der Parteibasis in Thüringen, wo ein Landesparteitag im Dezember noch gegen eine neuerliche große Koalition gestimmt hatte, zurückgeht.

Es gebe "viele, die inzwischen auch nachdenklich geworden sind", sagte Matschie, der Mitglied des SPD-Bundesvorstandes ist, in Jena. Auch viele SPD-Wähler hätten diese Erwartung. "Und ich bin sicher, das wird das Abstimmverhalten auch bestimmen."

Die Stimmung an der Basis sei sehr gespalten, sagte Holger Becker, SPD-Mitglied aus Jena, vor Konferenzbeginn. Er neige eher zu einer großen Koalition. "Ich sehe keine Alternative, eine Neuwahl macht nur die AfD stark." Andere Teilnehmer blieben auch nach der Konferenz auf Gegenkurs. Er sei gegen die GroKo, sagte Kurt Neumann aus dem Landkreis Harz (Sachsen-Anhalt). Ein junger Sozialdemokrat aus Jena sagte, er sei nach wie vor noch nicht entschieden. "?Aber der Parteivorstand hat es geschafft, gute Gründe für ein Ja zu liefern."?

Der sächsische SPD-Landesvorsitzende Martin Dulig sprach in Jena von einem sehr ernsthaften inhaltlichen Ringen. "Hier wird nicht über eine Performance abgestimmt", sagte er am Rande des Treffens. "Auch diejenigen, die gegen eine große Koalition sind, haben das Wohl der SPD im Blick – genauso wie diejenigen, die für eine Fortsetzung der Koalition sich einsetzen."

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, räumte am Rande der Konferenz Fehler der Parteiführung bei der Entscheidung über Koalitionsverhandlungen ein. "Wir haben relativ viele Volten geschlagen." Der entscheidende Fehler sei gewesen, dass die SPD gleich nach dem Scheitern der Jamaika-Koalitionsverhandlungen mögliche Gespräche abgelehnt habe.

Die Mitgliederabstimmung in der SPD läuft noch bis zum 2. März. Das Ergebnis soll am 4. März verkündet werden.