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Große Koalition Schulz wird doch Merkels Minister

Nach einem dreitägigen Verhandlungsmarathon einigten sich Union und SPD auf einen Koalitionsvertrag in Berlin.

Von Steffen Honig 08.02.2018, 00:01

Berlin/Magdeburg l Bei den drei Hauptforderungen der SPD – Familiennachzug für Flüchtlinge sowie Abschaffung sachgrundloser Befristung von Arbeitsverträgen und der Zwei-Klassen-Medizin – kamen am Ende nur laue Kompromisse heraus. Dies wird jedoch überstrahlt von einem unerwarteten Verhandlungserfolg bei der Besetzung des Kabinetts. Die SPD hat für sich das Finanzministerium herausgehandelt, in der letzten GroKo noch eine CDU-Bastion. Ressortchef und Vizekanzler soll Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz werden.

An die SPD geht neben vier weiteren Ressorts auch das Außenministerium. Dies will Parteichef Martin Schulz übernehmen, der nach der Wahl erklärt hatte, auf keinen Fall in eine Merkel-Regierung einzutreten. Schulz bootete damit Sigmar Gabriel aus. Den Parteivorsitz soll Andrea Nahles übernehmen.

Wie Sachsen-Anhalts SPD-Chef Burkhard Lischka zum Koalitionsvertrag erklärte, sei es der SPD gelungen, viele wichtige Punkte zu setzen: „Das antiquierte Kooperationsverbot im Bereich Bildung landet auf dem Müll, so dass der Bund Milliarden in den Bau und die Sanierung von Schulen und Horten stecken kann. Wir machen die Rente gerechter: Wer 35 Jahre lang geackert hat, bekommt eine Altersrente, die zehn Prozent über der Grundsicherung liegt. Und wir machen Deutschland sicherer, in dem wir weitere 15.000 Stellen für Polizisten schaffen.“

Lischka, der den Vertrag im innenpolitischen Bereich mitverhandelt hatte, verwies aber darauf, dass über den Entwurf eines Koalitionsvertrages noch die inzwischen über 460.000 SPD-Mitglieder abstimmen würden. Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Befragung am Mittwoch für rechtens.

Katja Pähle, SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag, zeigte sich im Hinblick auf die anstehende Mitgliederbefragung optimistisch: „Es ist ein guter Vertrag, der an vielen Stellen Verbesserungen für viele Menschen enthält“, sagte Pähle der Volksstimme. „Wir werden jetzt innerhalb der Partei fair diskutieren, auch darüber, was wir nicht geschafft haben.“ Mit dem, was man habe, könne man aber sehr wohl vor die Bürger treten und aufzeigen, was die SPD damit verändern wolle.

Den Wortbruch von Parteichef Schulz wollten beide SPD-Politiker nicht kommentieren. Pähle verwies darauf, dass die Besetzung der Ministerämter in den Gremien zu diskutieren sein werde.

Katrin Budde, SPD-Bundestagsabgeordnete, erklärte hingegen: „Die Entscheidung von Martin Schulz hat mich schon überrascht, nachdem er gerade mit über 80 Prozent als Vorsitzender wiedergewählt wurde.“

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) dementierte gegenüber der Volksstimme die seit längerem kolportierten Gerüchte, wonach er als Minister nach Berlin wechseln werde, um die Belange des Ostens besser vertreten zu können. „Es gibt kein schöneres Amt, als Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt zu sein.“

Der CDU-Verhandler für den kommunalen Bereich hob hervor, dass von den 46 Milliarden Euro, die zur Verfügung stünden, 75 Prozent den Kommunen zugute kommen sollen. Haseloff betonte, dass sich die Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West wie ein roter Faden durch den Vertrag ziehe. Zur wirksameren Ost-Vertretung hält er es für unerlässlich, die Verantwortung dafür direkt beim Kanzleramt anzusiedeln. Ein Ost-Ministerium wäre 28 Jahre nach der Einheit das falsche Signal. Hingegen will er die Konferenz der Ost-Ministerpräsidenen „voll funktionsfähig“ halten.