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Haft in Türkei Altkanzler erreicht Freilassung

Der Menschenrechtler Steudtner ist aus türkischer Haft wieder frei. Zu verdanken ist das wohl Altkanzler Schröder.

26.10.2017, 23:01

Berlin (dpa) l Nach dreimonatiger Untersuchungshaft in der Türkei kommt der Berliner Menschenrechtler Peter Steudtner zurück nach Deutschland. Auf Wunsch der Familie sollte der 45-Jährige im privaten Rahmen wieder deutschen Boden betreten.

Steudtner, sein schwedischer Kollege Ali Gharavi und sechs weitere inhaftierte Menschenrechtler waren in der Nacht zu Donnerstag aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Steudtner sagte vor Journalisten: „Wir sind allen sehr dankbar, die uns rechtlich, diplomatisch und mit Solidarität unterstützt haben.“

Das Gericht in Istanbul war einem Antrag der Staatsanwaltschaft gefolgt. Das Verfahren wegen „Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation“ beziehungsweise Unterstützung solcher Gruppen geht aber weiter. Die Verhandlung wird am 22. November fortgesetzt.

Bei der Freilassung hat nach Recherchen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder eine zentrale Rolle gespielt. Schröder habe bei einem Treffen mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan erreicht, dass Steudtner aus der Haft entlassen wird. Schröder ließ in Berlin erklären, dass er dazu keine Stellungnahme abgeben werde. Er freue sich über die Freilassung Steudtners.

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) bestätigte im „Spiegel“ den Einsatz des Altkanzlers: „Ich bin Gerhard Schröder sehr dankbar für seine Vermittlung.“ Es sei ein erstes Zeichen der Entspannung, „denn die türkische Regierung hat alle Zusagen eingehalten“. Laut „Spiegel“ war Schröder eine Woche nach der Bundestagswahl zu Erdogan gereist – nach einem Gespräch mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Die Grünen-Politikerin Claudia Roth sieht in der Freilassung von Steudtner „keinen Grund zur Entwarnung“. Man dürfe nicht vergessen, dass das Ende der Untersuchungshaft kein Freispruch sei, sagte sie NDR Info. „Der Prozess geht weiter. Das ist völlig unverständlich, denn die Anklage gegen die Menschenrechtsverteidiger war völlig aus der Luft gegriffen und durch überhaupt nichts zu rechtfertigen.“

Grünen-Chef Cem Özdemir erinnerte daran, „dass es nach wie vor widerrechtlich in der Türkei inhaftierte deutsche Staatsbürger gibt“. Auch diese müssten freigelassen werden, sonst könne es „keinerlei Normalisierung oder gar Fortschritte“ im Verhältnis mit der Türkei geben.

Indes hat in der Türkei am Donnerstag der Prozess gegen den dortigen Amnesty-Vorsitzenden Taner Kilic begonnen. Das Gericht in der Küstenme-tropole Izmir entschied, dass er in U-Haft bleiben muss. Kilic wies die Terrorvorwürfe zurück, wie der Türkei-Experte von Amnesty International, Andrew Garner, aus dem Prozess berichtete.

Kilic wird Mitgliedschaft in der Gülen-Bewegung vorgeworfen, die von der türkischen Regierung für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich gemacht wird. Kilic sitzt seit Juni in Izmir in Untersuchungshaft.