1. Startseite
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Politik
  6. >
  7. Einigung bei Ankerzentren in Sicht

Innenminister Einigung bei Ankerzentren in Sicht

Kann nur Ankerzentrum sein, wo Ankerzentrum draufsteht? Ach was, sagt Innenminister Seehofer jetzt. Und spricht vom "totalen Konsens".

30.11.2018, 15:44

Magdeburg (dpa) l Bund und Länder haben ihren heftigen Streit um die Ausgestaltung von Ankerzentren für Flüchtlinge beigelegt. "Dieses Thema hat sich abgekühlt", sagte der Innenminister Sachsen-Anhalts, Holger Stahlknecht (CDU). Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erklärte am Freitag in Magdeburg zum Abschluss eines Treffens mit den Länder-Innenministern, alle sechzehn Bundesländer hätten mittlerweile Aufnahmeeinrichtungen, die dem Konzept entsprächen. "Jetzt kann man endlos über das Türschild streiten oder man kann sagen: Wir haben einen totalen Konsens in der Funktion dieser Einrichtungen."

Noch beim vorigen Treffen in Quedlinburg im Juni hatte es um das Thema heftige Reibereien gegeben: Viele Länder sahen keinen Bedarf für Änderungen bei der Flüchtlingsunterbringung, weil die Anforderungen des Bundes bereits weitgehend erfüllt seien. Seehofer sicherte daraufhin Gespräche zu.

Anker steht für An(kunft), k(ommunale Verteilung), E(ntscheidung) und R(ückführung). Schutzsuchende durchlaufen dort das gesamte Asylverfahren. Die Arbeit der zuständigen Behörden und Ansprechpartner soll dort gebündelt werden, um schneller zu Entscheidungen zu kommen. Grobe Eckpunkte waren bei den Koalitionsverhandlungen von CDU, CSU und SPD auf Bundesebene vereinbart worden. Nur in Bayern, Sachsen und dem Saarland wurden seither explizit Einrichtungen nach dem neuen Konzept geschaffen.

"Für Niedersachsen kann ich sagen: Wir haben seitdem organisatorisch, strukturell gar nichts verändert", sagte der niedersächsische Innenminister und Sprecher der SPD-Länder, Boris Pistorius. "Das dürfte nach meiner Wahrnehmung für die meisten, nicht für alle anderen Bundesländer, auch gelten."

Seehofer beharrt also nicht mehr auf dem von ihm lange genutzten Etikett "Ankerzentrum". Wer aber Asylbewerber in einem solchen Zentrum unterbringt, kann auf Hilfe bei der Rückführung von Schutzsuchenden hoffen, für die andere EU-Staaten zuständig sind (Dublin-Fälle). "Voraussetzung ist immer, dass die abgelehnten Asylbewerber in einem Bundesland auch konzentriert in Einrichtungen sind, damit sie zur Verfügung stehen für die Abschiebung", sagte Seehofer dazu. "Wenn Asylbewerber auf das ganz Land verteilt sind, ist es unheimlich schwer, die Abschiebungen auch tatsächlich durchzuführen."

Auch bei der Frage, ob Verwaltungsgerichte in den Ankerzentren vertreten sein müssen, ist Seehofer jetzt zu weiteren Zugeständnissen bereit. Das sei nicht nötig, wenn in der Nähe ohnehin ein Gericht vorhanden sei, sagte Seehofer. Das Gesamtkonzept will das Bundesinnenministerium aber retten. Kürzlich verschickte das Ministerium eine Mustervereinbarung für die Zentren an die Länder, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

In den ersten Monaten seiner Amtszeit ging Seehofer als neuer Innenminister keinem Konflikt aus dem Weg. Er brachte die Koalition von Union und SPD im Asylstreit an den Rand des Scheiterns. Zuletzt nahmen die Provokationen ab – Seehofer ist vorsichtiger geworden. Nachdem er viele Länderinnenminister im Juni in Quedlinburg noch verprellt hatte, trat er nach Angaben von Teilnehmern in Magdeburg deutlich verbindlicher auf. Warum das so ist? Vielleicht weil die bayerische Landtagswahl jetzt hinter ihm liegt. Bei der Wahl im Oktober hatte Seehofers CSU herbe Verluste hinnehmen müssen.