Kindergeld-Streit Bei Beamten geht es

Der Streit um die Höhe der Kindergeldzahlungen ins Ausland geht weiter. Was bei Beamten geht, soll bei allen Bürgern möglich sein.

12.08.2018, 23:01

Berlin (dpa) l CDU-Europapolitiker Daniel Caspary sprach sich im Deutschlandfunk für eine Indexierung der Kindergeldzahlungen in Europa aus. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Abgeordnetengruppe im EU-Parlament sieht offenbar keine europarechtlichen Hürden, wenn das Kindergeld für im EU-Ausland wohnende Kinder an die dortigen Lebensverhältnisse angepasst würde.

Die EU-Kommission hält solche Pläne für diskriminierend und daher für europarechtswidrig. Caspary kann darüber nur staunen. Er wies darauf hin, dass die EU-Kommission die Höhe der Kinderzuschläge für ihre Beamten davon abhängig mache, in welchem Mitgliedsland sich die Kinder aufhielten. „Was bei Beamten der europäischen Kommission möglich ist, das muss aus meiner Sicht auch für jeden anderen Bürger möglich sein“, sagte Caspary.

Die Kindergeld-Überweisungen aus Deutschland ins Ausland steigen seit Jahren und belaufen sich mittlerweile auf gut 340 Millionen Euro im Jahr. 2010 flossen 36 Millionen Euro.

Angeheizt wird die Debatte, weil teils auch Hinweise auf Betrug vorliegen. FDP-Chef Christian Lindner sagte: „Die Höhe des Kindergeldes sollte sich an den tatsächlichen Unterhaltskosten in dem Land orientieren, wo das Kind lebt – und die sind in osteuropäischen Staaten eben niedriger als in Deutschland“.

EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger hält einen weiteren Vorstoß für neue Regeln aber für wenig chancenreich. „Es gibt eine klare Tendenz unter den EU-Mitgliedstaaten, die gegenwärtige europäische Rechtslage nicht zu ändern.“

Österreich plant daher einen nationalen Alleingang und eine Begrenzung des Kindergeldes schon ab 2019. Wien meint: Die Europäische Kommission habe schließlich auch festgestellt, dass die EU-Staaten über die Zuerkennung und die Berechnungsmethode von Familienleistungen selbst entscheiden dürften. Eine Anpassung sei damit im Einklang mit dem Europarecht. Es gehe zudem um eine „neue Gerechtigkeit“, sagte die österreichische Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP). Sie argumentierte, die Lebenshaltungskosten seien in der EU einfach unterschiedlich hoch. Die Familienbeihilfe anzupassen, sei deshalb nur fair.

„Die neue Regelung ist für alle Kinder gleich, unabhängig von ihrer Nationalität, aber abhängig davon, wo sie leben“, betonte Bogner-Strauß. Eine Anpassung könne in bestimmten Fällen, wenn Kinder in der Schweiz oder Skandinavien wohnten, auch eine Erhöhung bedeuten. Der Beschluss der Regierung im Mai sei durch eine Vervielfachung der Ausgaben in den vergangenen Jahren ausgelöst worden. Fälle von Missbrauch seien in Österreich aber nicht bekannt.

Österreich hat 2017 rund 253 Millionen Euro für im Ausland lebende Kinder bezahlt. Die meisten von ihnen sind in Ungarn, der Slowakei, Polen oder Rumänien zu Hause. Zum Beispiel erhalte ein in Rumänien lebendes Kind rund 200 Euro aus Österreich, ein Vielfaches der dortigen Leistungen. „Es gibt sogar Länder, die die Familienbeihilfe besteuern. Dafür ist sie ganz sicher nicht gedacht.“

Bei einer Neuberechnung würde die Alpenrepublik rund 114 Millionen Euro sparen. Die Gelder sollen der Ministerin zufolge für Familienzwecke ausgegeben werden. Eine abschreckende Wirkung zum Beispiel auf dringend gebrauchte Pflegekräfte aus dem Ausland sieht die Ministerin nicht. Die meisten Pfleger hätten bereits ältere Kinder.

Mehrere Oberbürgermeister in Deutschland hatten von einer zunehmenden Migration in das deutsche Sozialsystem gesprochen. FDP-Chef Lindner sagte, wer hierzulande arbeite, Steuern und Sozialabgaben zahle, habe natürlich einen Anspruch auf Kindergeld. Zahlungen nach deutschem Niveau ins Ausland setzten aber falsche Anreize.

Der Grünen-Sozialpolitiker Sven Lehmann kritisierte die aktuelle Diskussion hingegen als fehlgeleitet. Dass Eltern für im Ausland lebende Kinder Kindergeld erhielten, sei ihr gutes Recht. „Denn sie zahlen in Deutschland Steuern und arbeiten oft zu Hungerlöhnen, zum Beispiel in der Pflege oder als Erntehelfer.“