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KlimaschutzPromis und der Greta-Effekt

Jan Josef Liefers fliegt zwar im Urlaub nach Spanien - dafür ist er im Inland fast nur mit der Bahn unterwegs.

18.06.2019, 23:01

Berlin (dpa) l Mal kurz zu einer Fernseh-Aufzeichnung von Berlin nach Köln oder zu einem PR-Termin von München nach Hamburg: Solche Strecken sind für viele Prominente genauso Standard wie für zahllose andere Berufspendler. Schon aus Zeitgründen fliegen sehr viele. Und zahlreiche Stars zeigen ihre Reisen in den Sozialen Medien, plaudern via Instagram-Story, während sie auf den Flieger warten. Für manche Fans unverständlich: Wo bleibt da das grüne Gewissen?

Tausende Schüler gehen jede Woche gegen den Klimawandel und unter dem Motto "Fridays for Future" auf die Straße, die Grünen erleben ein Umfragehoch nach dem anderen. Geht der nach der schwedischen Aktivistin Thunberg benannte "Greta-Effekt" an den Promis – und Idolen – vorbei?

Die Moderatorin und Schauspielerin Palina Rojinski (34, "Yo! MTV Raps") zieht es gar nicht allzu weit in die Ferne: "Ich mag es einfach gerne im Sommer in Europa, wo es schönes Wasser gibt und leckeres Essen", sagte Rojinski. In Sachen Fliegen sei sie "total im Zwiespalt". Einerseits müsse sie halt sehr viel reisen für ihren Beruf – auf der anderen Seite mache sie sich Gedanken über die Themen Klima- und Umweltschutz. "Ich versuche halt irgendwie die Balance zu halten, aber ich hab' den Dreh noch nicht richtig raus. Aber vielleicht mal einen Baum pflanzen, für jeden Flug einen Baum."

Ausgleich schaffen – das wollen auch viele andere Menschen, was sich zum Beispiel bei der Organisation Atmosfair bemerkbar macht. Dort gleichen Bürger und Unternehmen über Spenden die Treibhausgase aus, die sie mit Reisen verursachen. 9,5 Millionen Euro Ausgleichszahlungen seien 2018 bei der Organisation eingegangen, 40 Prozent mehr als im Vorjahr. In den ersten Bundesländern steht der Start der Sommerferien kurz bevor, auch dann wird wohl bei einigen die sogenannte Flugscham mitreisen.

Nicky Hilton ist als Model und It-Girl jahrelang durch die Welt gejettet, aber inzwischen macht sie sich ihre Gedanken. "Ich fliege längst nicht mehr so viel wie früher", sagt Hilton (36). Sie achtet darauf, sich im Alltag möglich umweltbewusst zu verhalten. Besonders seit sie Mutter sei, habe sich ihre Einstellung dazu verändert. Auch Fußball-Nationalspieler André Schürrle macht sich Gedanken über das Thema: "Klimaschutz ist auf jeden Fall sehr präsent bei uns", sagt Schürrle. Da spiele vieles mit ein – auch das Fliegen. "Man sollte auch schon schauen, dass man das alles ein bisschen reduziert."

So sieht das auch Schauspieler Jan Josef Liefers (54). Wahrscheinlich reise er in diesem Jahr nach Spanien. "Da muss man ja hin fliegen", sagt er der dpa. Dafür spart er an anderer Stelle: Das ständige Durch-Die-Weltgeschichte-Fliegen habe er nahezu komplett eingestellt, im Inland ist der "Tatort"-Star eigentlich nur noch mit der Bahn unterwegs.

Influencerin und Model Caro Daur sitzt dagegen beruflich ziemlich viel im Flieger. Wo sie diesen Sommer ihren Urlaub verbringt, das weiß die 24-Jährige noch nicht. "Ich war letztes Jahr, glaube ich, das erste Mal nach drei Jahren im Urlaub. Das sieht bei mir auf Instagram immer nach sehr Urlaub aus, aber im Endeffekt ist es nicht so wirklich Urlaub." Daur ist auf ihrem Instagram-Kanal immer wieder an den schönsten Orten zu sehen – meist ist sie aber beruflich dort. Ihre vielen Flüge versucht sie im Alltag wettzumachen. "Ich versuche dann natürlich an anderen Ecken so wenig wie möglich Auto zu fahren oder auch mal das Fahrrad zu nehmen."

Auch die Band Santiano fliegt so wenig wie möglich – "aber manchmal lässt es sich einfach nicht verhindern", sagt Musiker Axel Stosberg. Das habe dann Zeitgründe. "Aber meistens sind wir tatsächlich auf dem Boden unterwegs." Große umwelttechnische Probleme sehen die Musiker auch bei der Schifffahrt. Gut sei aber die gesellschaftliche Debatte, die es inzwischen über das Thema gebe.

Der "Greta-Effekt" ist bei Santiano auch hinter der Bühne angekommen: Statt Plastik- und Pappbechern auf Tournee habe jeder seinen eigenen Thermobecher, Fan-Shirts seien aus Biobaumwolle. Die Band sieht aber vor allem die Politik und die Industrie in der Pflicht – und nicht nur den Endverbraucher.