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Klimaschutz Umweltbundesamt empfiehlt „Autofasten“

Verzicht aufs Autofahren - als Umweltschutz. Die freiwillige Aktion soll bis Ostern andauern.

28.02.2017, 23:01

Berlin (dpa) l Angesichts der hohen Luftverschmutzung appellieren das Umweltbundesamt und Klimaschützer an alle Autofahrer, während der Fastenzeit ihren Wagen bewusst stehen zu lassen. Freiwilliges „Autofasten“ von Aschermittwoch bis Ostern könne dazu motivieren, auch dauerhaft auf Bus, Bahn oder das Rad umzusteigen – der Umwelt zuliebe. Während der 40 Fastentage sollten die Bahn und regionale Verkehrsträger allen „Autofastern“ Sonderrabatte gewähren, um neue Kunden anzulocken, sagte Katrin Dziekan vom Umweltbundesamt.

Auch Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) unterstützt die Aktion. Es gehe nicht darum, das Autofahren gänzlich zu verbieten. „Aber wir können unsere Perspektiven ändern, wenn wir ganz bewusst und zumindest in der Fastenzeit auf andere Verkehrsmittel umsteigen“, erklärte sie.

Der Grünen-Verkehrsexperte im Bundestag, Stephan Kühn, erklärte, gegen die hohe Schadstoffbelastung in der Luft helfe vor allem, weniger Auto zu fahren. Und wer mit Bus und Bahn fahre, komme nach seiner Erfahrung entspannter zur Arbeit und brauche sich nicht durch den Stau zu quälen.

Drei von vier Haushalten hierzulande haben mindestens ein Auto. Bundesweit gibt es rund 45 Millionen Fahrzeuge.

Ende Januar hatte das Umweltbundesamt mitgeteilt, dass auch 2016 die Luft in deutschen Städten zu stark mit Stickstoffdioxid belastet war. Schuld sind vor allem alte Diesel-Autos. Für Ozon und Feinstaub werden weiter die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Werte deutlich überschritten.

Infografik: So fasten die Deutschen | Statista Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Angestoßen haben das „Autofasten“ vor 20 Jahren die Kirchen. „In der Fastenzeit sind wir Christen aufgefordert, unsere Lebensgewohnheiten zu überdenken und zu überprüfen“, sagte der Umweltbeauftragte des Bistums Mainz, Franz Hock, der dpa.

Auch der Verkehrsclub ADAC hat keine grundsätzlichen Einwände. Der freiwillige Autoverzicht müsse auch nicht auf die Fastenzeit beschränkt bleiben, sagte ADAC-Sprecher Andreas Hölzel. Vor allem kurze Strecken ließen sich auch gut zu Fuß oder mit dem Rad zurücklegen. Für längere Dis-tanzen brauche es aber konkurrenzfähige Alternativen. Er verwies auf eine ADAC-Umfrage, wonach viele Menschen bereit wären, auf Bus und Bahn umzusteigen – wenn die Fahrpreise niedriger wären, die Verbindungen schneller und zuverlässiger und das Tarifsortiment verständlicher.

Stefan Küper vom Umweltverband Germanwatch wendet ein, dass bei genauer Berechnung das Auto der eigentliche Kostentreiber sei. „Gerade bei Einbezug der Fixkosten wie Wertverlust des Wagens, Steuern, Versicherung, TÜV und so weiter fährt es sich mit Bus und Bahn in der Regel deutlich günstiger“, sagte er der dpa. Zudem gebe es vielerorts gute Carsharing-Angebote. Auch er räumt aber ein: „Natürlich gibt es aber insbesondere auf dem Land Wohnlagen, in denen es ganz ohne Auto nur schwer geht.“

Ähnlich sieht es der CDU-Verkehrsexperte Ulrich Lange. Beim Thema Autoverzicht komme es auf Realismus an. „Ich komme aus einem richtigen Flächenwahlkreis. In der Praxis stößt der Verzicht auf das Auto und der Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr für unsere Bürger und auch für mich dort auch an seine Grenzen.“