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Kuba-Besuch Eisbrecher Obama im Reich der Castros

Als erster US-Präsident seit 88 Jahren besucht Barack Obama das sozialistische Kuba.

20.03.2016, 23:01

Havanna (dpa) l Aus seinem Zimmer im altehrwürdigen Hotel Nacional kann Barack Obama direkt auf die antiimperialistische Bühne „José Martí“ blicken. Fidel Castro ließ sie damals in Havanna direkt vor die Botschaft des kapitalistischen Erzfeindes USA bauen. Auch Wandparolen wie „Venceremos“ (Wir werden siegen) und „Sozialismus oder Tod“ sind noch zu finden. Ansonsten aber hat Havanna ein sanfter Wandel erfasst, der nun gekrönt wird durch den Besuch des US-Präsidenten – des ersten seit Calvin Coolidge im Jahr 1928.

Obama hat für die Revision der US-Politik, die den sozialistischen Karibikstaat lange verteufelte, in Staatschef Raúl Castro einen verlässlichen Partner gefunden. Dessen Bruder, der heutige Revolutionspensionär Fidel, heißt die Annäherung öffentlich nicht gut - er hat mehrere Attentatsversuche überstanden und vermutete die CIA als Urheber.

Fidel Castro hatte das Land nach der Revolution an die Sowjetunion gekettet. Die Kubakrise führte die Welt 1962 an den Rand eines Atomkrieges, wegen der Stationierung sowjetischer Atomraketen auf der Insel. Obama hat zwar keine besonders aktive Lateinamerikapolitik betrieben, aber bleiben wird die Annäherung an Kuba: Seit Juli 2015 unterhalten die Staaten wieder reguläre diplomatische Beziehungen.

Kurz vor dem Abflug dachte sich Obama noch einen kleinen Eisbrecher aus. Der Adressat: das kubanische Volk. Der US-Präsident telefonierte mit Pánfilo, einem populären kubanischen Komiker, der sich nicht scheut, Witze über den Alltag in einer Mangelwirtschaft zu machen. Obama im typisch kubanischen Slang: „Qué volá?“ – „Wie geht‘s?“

Pánfilo entgegnet verdutzt: Spreche ich mit dem „echten Obama“? Der Präsident betont, das amerikanische und kubanische Volk verbinde heute Freundschaft. Pánfilo meint, sie könnten ja in Havanna mal ein Bier trinken und Domino spielen. „Ich kann Sie auch mit meinem alten Moskwitsch am Flughafen abholen.“ Das sei das kubanische „Beast“, witzelt Pánfilo in Anspielung auf Obamas gleichnamige Limousine.

Nun hat Obama ein dichtes Programm bis Dienstag, da bleibt für Domino wohl eher weniger Zeit. Treffen und Staatsdinner mit Raúl Castro, Diskussion mit Unternehmern und eine im kubanischen Staatsfernsehen übertragene Rede, in der er sicher die kritische Menschenrechtslage ansprechen wird.

Die Erwartungen sind groß. Kubaner tragen US-Shirts, Frauen haben Kleider mit den berühmten Stars and Stripes angezogen. Ein Taxifahrer meint: „Das wird alles ändern.“ Es werde mehr ausländische Investitionen geben. Zeiten des Wandels – getreu des Architekten der deutschen Ostpolitik, Egon Bahr, wollen die USA einen Wandel durch Annäherung. Und Castro fährt einen vorsichtigen Öffnungskurs.

500 000 Kubaner sind mittlerweile im Privatsektor aktiv, eröffnen Restaurants und Unterkünfte. Es gibt auch eine wachsende Zahl von Internet-Hotspots, aber für die meisten sind zwei Dollar für die Stunde Internet unerschwinglich. Und: Hunderte Dissidenten wurden wie schon beim Papstbesuch 2015 kurzzeitig festgenommen, Einschüchterungsmaßnahmen, aber die Repression ist längst nicht so stark wie noch vor einigen Jahren. Auch hier: Zeiten des Wandels – die Kubaner reden offen über Missstände und die alternde Revolution.

US-Firmen wollen gerade im Tourismussektor investieren, allein 2015 soll es schon 70 Prozent mehr US-Besucher gegeben haben – aber Direktflüge gibt es immer noch nicht. Seit wenigen Tagen aber immerhin wieder einen direkten Postverkehr. Ungewiss ist, ob und wann das Embargo ganz fallen wird.