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Bürgermeister Der SPD-Steuermann geht von Bord

Bremens Bürgermeister Sieling tritt überraschend ab - das heißt auch: Leinen los für das Rot-Grün-Rot-Bündnis.

01.07.2019, 23:01

Bremen (dpa) l Der Bremer Regierungschef Carsten Sieling (SPD) tritt ab und will nicht mehr an der Spitze der nächsten Landesregierung stehen. Das kündigte er am Montag in Bremen an, nachdem sich SPD, Grüne und Linke auf die erste rot-grün-rote Landesregierung in einem westdeutschen Bundesland geeinigt hatten.

Sieling zog damit die Konsequenzen aus dem Umstand, dass die SPD mit ihm als Spitzenkandidat die Landtagswahl in Bremen vor rund einem Monat verloren hatte. Wahlgewinner war erstmals in Bremen die CDU mit Spitzenkandidat Carsten Meyer-Heder geworden.

„Es braucht eine personelle Neuaufstellung an der Spitze des Senats, und die muss jetzt erfolgen“, sagte Sieling. „Deshab möchte ich den Weg frei machen und hab mich entschieden, für das Amt des Bürgermeisters nicht erneut zur Verfügung zu stehen.“

Sieling betonte, er habe alles in seiner Macht Stehende getan, um die von der SPD angestrebte Koalition zum Leben zu bringen und dafür zu sorgen, dass Bremen ein progressives Mitte-Links-Bündnis bekomme. „Wenn ich auf den Koalitionsvertrag blicke, kann ich nur sagen: Es hat sich gelohnt“, sagte Sieling.

Der SPD war es in der Nacht zu Montag gelungen, sich mit Grünen und Linken auf einen Koalitionsvertrag zu einigen. Wenn die Basis aller drei Parteien diesem Vertrag nun zustimmt, steht einer rot-grün-roten Regierung in Bremen nichts mehr im Wege. Die SPD hatte die Wahl am 26. Mai verloren und das schlechteste Ergebnis seit über 70 Jahren eingefahren. Die Sozialdemokraten hatten zuvor zwölf Jahre mit den Grünen regiert, die bei der Wahl deutlich zulegen konnten. Stärkste Partei wurde erstmals die CDU. Die Grünen hatten aber Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition mit CDU und FDP abgelehnt.

SPD, Grüne und Linke in Bremen haben sich in ihrem Koalitionsvertrag auf einen Ressortschlüssel für die künftige Landesregierung verständigt. Danach stellt die SPD weiter den Präsidenten des Senats, der auch Bürgermeister ist und damit die Position des Ministerpräsidenten übernimmt. Zudem bekommen die Sozialdemokraten drei weitere Senatsposten (Inneres; Kinder und Bildung; Wissenschaft, Häfen und Justiz).

Die Grünen erhalten laut Koalitionsvertrag die drei Senatsposten für Umwelt, Bau und Verkehr sowie Finanzen und zudem Soziales, Jugend, Integration und Sport. Auf die Linken entfallen die beiden Ressorts Wirtschaft, Arbeit und Europa sowie Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz. SPD-Chefin Sascha Karolin Aulepp betonte gestern, der ausgehandelte Koalitionsvertrag enthalte Visionen, die über die nächste Legislaturperiode hinaus zeigten. Der Vertrag umfasst rund 140 Seiten und 26 Unterkapitel plus Präambel. Die 42 Mitglieder umfassende Koalitionsrunde hatte seit dem 12. Juni verhandelt. Jetzt müssen diese Woche drei Parteitage dem Koalitionsvertrag zustimmen. Es wäre die erste rot-grün-rote Regierungskoalition in einem westdeutschen Bundesland. Die CDU in Bremen hat den Rückzug von Regierungschef Carsten Sieling (SPD) als peinlich bezeichnet. „Carsten Sieling hat die Chance auf einen verantwortungsvollen Abgang verpasst“, teilte der CDU-Landesvorsitzende Carsten Meyer-Heder mit. „Am Ende hat er offenbar dem innerparteilichen Machtkampf und dem Druck von außen nicht standhalten können.“ Auch sei es gegenüber Grünen und Linken unehrlich, „als Verhandlungsführer auf Abruf anzutreten. Sieling verhandelt Rot-Rot-Grün und verlässt das sinkende Schiff“.