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Landtagswahl Die CSU-Allmacht ist futsch

Markus Söder ist das, was er schon immer werden wollte: Bayerischer Ministerpräsident. Am Sonntag stellt er sich erstmals den Wählern.

Von Steffen Honig 12.10.2018, 06:41

München l Den Kern seiner Weltanschauung brachte Ministerpräsident Söder beim jüngsten CSU-Parteitag Mitte September etwas verkürzt auf folgenden Nenner: Bayern, Bayern, Bayern – und zwar sicher und sozial. Er glaubt, dass er mit genau diesem Bekenntnis bei den bayerischen Wählern am besten ankommt.

Sicher sein kann er nicht. Die CSU plagt in Umfragen die Fallsucht. Bis auf 33 Prozent sind die Werte gefallen, das wären 14 Prozent weniger als beim letzten Wahlgang 2013. Die Alleinherrschaft können die Christsozialen abschreiben. Doch wer böte sich als Koalitionspartner an, so sich nicht die anderen Parteien zu einem Bündnis gegen die CSU zusammenfänden? Immerhin ist die Christlich-Soziale Union in Bayern seit mehr als 50 Jahren so etwas wie die Staatspartei, um die sich andere politische Gruppierungen garnierend ranken.

Die SPD, in Bayern in der ewigen Oppositionsrolle, würde sicher gern mal einen bayerischen Minister stellen. Die Genossen wären aber schon froh, wenn sie so viele Stimmen erhielten, wie die CSU zu verlieren droht. Nach gut 20 Prozent werden die Sozialdemokraten nun mit zehn, elf Prozent gehandelt. Die Partei liegt in einer Umfrage hinter CSU, Grünen, AfD und Freien Wählern gar auf dem fünften Platz!

Fassungslos reagierte SPD-Landeschefin Natascha Kohnen daher auf den Maaßen-Eklat in Berlin, an dem die Bundesvorsitzende Andrea Nahles eine entscheidende Aktie hatte. Kohnen schrieb empört einen Brief an Nahles und forderte ultimativ die Rücknahme der Beförderung des Geheimdienstchefs zum Staatssekretär. Was dann auch geschah.

Die SPD kann also nicht ganz unbegründet die Schuld für einen Absturz der Berliner Politik in die Schuhe schieben. Die CSU hat dies bereits argumentativ vorbereitet.

Die in Bayern traditionell starken Freien Wähler und die Newcomer von der AfD werden auf jeweils gut zehn Prozent taxiert. Eine Verbindung von CSU und den eher konservativen Freien Wählern wäre möglich. Eine Koalition mit der AfD würde hingegen allen CSU-Ansagen widersprechen. Das können sich Söder und seine Leute nicht leisten.

Bleiben die Grünen: Sie werden von den Meinungsforschern mit Prognosen von bis zu 18 Prozent geradezu geadelt. Selbst bei leichten Abzügen – das Grünen-Ergebnis liegt häufig unter den Umfragewerten – dürften die Grünen die zweitstärkste Partei in Bayern werden. Im Gegensatz zu Schwarzen und Roten mit kräftigem Rückenwind von der Bundespolitik.

Grünen-Chef Robert Habeck hat es verstanden, sich als Politiker der Neuzeit so in Szene zu setzen, dass sich immer mehr links-liberale Wähler hinter seiner Partei versammeln.

Die CSU muss hinnehmen, dass Bayern eben doch keine Insel der demokratischen Glückseligkeit in Deutschland ist. Die allerorten zu beobachtende Spaltung der Gesellschaft und die damit verbundene Zersplitterung des Parteiensystems macht vor den Grenzen des Freistaates nicht halt.

Die werden seit Juli nach Süden hin, von wo aus Österreich der nächste Flüchtlingseinfall erwartet wird, zusätzlich auch durch eigens geschaffene Grenzpolizei gesichert. Die CSU betrachtet die Schaffung der landeseigenen Grenzschützer als vollen Erfolg. Die SPD nennt die Maßnahme hingegen einen PR-Gag.

Bei den Bemühungen um mehr Sicherheit verfehlt die Landesregierung offensichtlich überhaupt die Interessen vieler Bayern. Zuletzt am Tag der Deutschen Einheit demonstrierten in München gegen Rechts und nahmen insbesondere das neue bayerische Polizeiaufgabengesetz aufs Korn. Unter anderem darf die Polizei schon bei einer „drohenden Gefahr“ eingreifen – etwa wenn erhebliche Angriffe auf Leben und Gesundheit von Menschen zu befürchten sind. Auch darf mehr im Telekommunikationsbereich herumgespäht werden.

„Wenn wir in Bayern sicher leben wollen, brauchen wir eine starke Polizei mit klar geregelten Handlungsrechten“, erklärte hingegen Innenminister Joachim Herrmann das Gesetz. Es habe sich bereits mehrfach bewährt. So sei die elektronische Fußfessel seit Inkrafttreten der Neuregelungen vor 14 Monaten in bisher acht Fällen angeordnet worden.

Der Staat lässt also kräftig die Muskeln spielen. Das müsste auch der AfD und ihrem Anhang gefallen. Denkste. „So eine Polizei habe man in Deutschland vor 1945 und allenfalls in der DDR gekannt“, erklärte Werner Meier, AfD-Chef des KreisverbandesAmberg-Neumarkt.