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Landtagswahl SPD in Niedersachsen deutlich vor CDU

Nach der Landtagswahl in Niedersachsen könnte es knapp für die rot-grüne Regierung reichen. Die SPD liegt deutlich vor der CDU.

15.10.2017, 17:07

Hannover (dpa) l  Triumph für die SPD, schwere Schlappe für die CDU: Drei Wochen nach ihrer historischen Niederlage bei der Bundestagswahl haben die Sozialdemokraten die Landtagswahl in Niedersachsen überraschend klar gewonnen. Die CDU rutscht auf ihr schlechtestes Ergebnis seit 1959 ab, nachdem sie in Umfragen lange geführt hatte.

SPD und Grüne konnten sich sogar noch Hoffnungen auf eine Fortsetzung ihrer Regierung machen: Nach einer ARD-Hochrechnung von 19.25 Uhr kamen sie auf eine hauchdünne Mehrheit von 68 der 135 Sitze im Landtag. Das ZDF sah Rot-Grün zu diesem Zeitpunkt bei 67 Stimmen.

Rechnerisch in jedem Fall möglich sind eine große Koalition aus SPD und CDU, ein Ampelbündnis von SPD, FDP und Grünen sowie eine Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen, wie sie Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bund anstrebt. Die Liberalen schlossen eine Ampel am Wahlabend allerdings nochmals kategorisch aus. Die Grünen äußerten sich zunächst ausweichend zu einer etwaigen Jamaika-Koalition.

Ministerpräsident und Wahlsieger Stephan Weil sprach von einem "fulminanten Erfolg" für die SPD: "Wir können zum ersten Mal seit der letzten Landtagswahl mit Gerhard Schröder vor 19 Jahren wieder die stärkste Fraktion im Landtag werden, das ist großartig." Aus seiner Sicht sorgte auch der Gang der Bundes-SPD in die Opposition für Rückenwind. Weil kündigte an, er wolle mit allen Landtagsparteien außer der AfD über mögliche Koalitionen sprechen.

Die Sozialdemokraten werden in Niedersachsen nach den Hochrechnungen von 19.20 Uhr zum ersten Mal seit dem Wahlsieg von Gerhard Schröder 1998 wieder stärkste Kraft – mit 37,1 bis 37,7 Prozent (2013: 32,6). Die CDU kommt nur noch auf 33,7 bis 34,3 Prozent (36,0). Die Grünen verlieren ebenfalls und erreichen 8,5 bis 8,8 Prozent (13,7). Die FDP landet bei 7,2 bis 7,3 Prozent (9,9).

Die AfD schafft mit 6,0 Prozent den Einzug ins Parlament, bleibt aber deutlich hinter ihren jüngsten Wahlerfolgen zurück. Die Linke verfehlt mit 4,5 bis 4,6 Prozent (3,1) den Sprung in den Landtag. Damit sind künftig fünf statt bisher vier Parteien im Landtag in Hannover vertreten. Die Wahlbeteiligung stieg auf 63,0 bis 63,5 Prozent (59,4 Prozent).

Die Sitzverteilung sieht nach den Hochrechnungen von Infratest dimap (ARD) und Forschungsgruppe Wahlen (ZDF) so aus: CDU 49 bis 50 (2013: 54), SPD 55 (49), Grüne 12 bis 13 (20), FDP 10 (14) und die AfD 8 (0). Rot-Grün kommt damit auf 67 bis 68 Mandate – die absolute Mehrheit liegt bei 68 Mandaten.

Die Koalition in Niedersachsen ist das letzte rot-grüne Bündnis in einem Flächenland. Sollte es nicht für eine Fortsetzung reichen, steht in Hannover eine schwierige Regierungsbildung bevor. Die Neuwahl wurde nötig, weil die Grünen-Abgeordnete Elke Twesten Anfang August von den Grünen zur CDU gewechselt war. Die seit 2013 regierende rot-grüne Koalition verlor damit ihre Ein-Stimmen-Mehrheit, die Stimmung zwischen SPD und Grünen auf der einen und der CDU auf der andere Seite gilt seither als vergiftet.

CDU-Herausforderer Bernd Althusmann sieht trotz der Stimmenverluste einen Auftrag zum Mitregieren. "Auch wir, in welcher Konstellation auch immer, haben einen klaren Gestaltungsauftrag für Niedersachsen", sagte Althusmann. Dies ginge rechnerisch in einer Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen oder als Juniorpartner der SPD in einer großen Koalition. Die FDP zeigte sich offen für Jamaika-Gespräche, die Grünen hielten sich bedeckt. "Ich appelliere an alle Parteien, dass wir jetzt keine Ausschließeritis machen", sagte der Bundesvorsitzende Cem Özdemir.

Für die SPD bedeutet das Ergebnis einen Riesenerfolg zum Ende des Superwahljahres. Neben der Bundestagswahl (20,5 Prozent) hat die Partei in diesem Jahr auch alle drei bisherigen Landtagswahlen verloren. Ihren letzten Erfolg erzielten die Sozialdemokraten bei der Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses im September 2016, allerdings mit großen Verlusten. Nun können sie zum ersten Mal seit der Wahl in Rheinland-Pfalz im März 2016 prozentual wieder zulegen.

Die Wahl könnte auch SPD-Chef Martin Schulz Auftrieb geben, der sich trotz seiner gescheiterten Kanzlerkandidatur im Dezember zur Wiederwahl stellen will. Er hatte unmittelbar nach der Bundestagswahl angekündigt, die SPD in die Opposition zu führen.

Schulz erklärte, was Weil in den letzten Wochen geleistet habe, sei "einzigartig in der Wahlkampfgeschichte der Bundesrepublik Deutschland". Er hoffe, dass die SPD auch bundesweit von dem Sieg in Niedersachsen profitiere. SPD-Vize Ralf Stegner wertete den Erfolg als Beleg dafür, dass Schulz die Partei sehr erfolgreich führe. Er werde den Erneuerungsprozess in Richtung einer linken Volkspartei einleiten, "die sich deutlich gegen die Union stellt".

Großer Verlierer ist die CDU. In Niedersachsen hatte die CDU Mitte August in Umfragen noch bei rund 40 Prozent gelegen, ein Erfolg galt als sicher. Gründe für die Verluste könnten das schlechte Abschneiden der CDU bei der Bundestagswahl sein, aber auch der Wechsel der Grünen-Abgeordneten Twesten zur CDU, der von SPD und Grünen als Intrige angesehen wird. Zudem sind die Beliebtheitswerte von Weil weitaus höher als die Althusmanns.

Die AfD schafft knapp den Sprung in den Landtag und ist damit nun in 14 von 16 Landesparlamenten vertreten. Ein Grund für das vergleichsweise schwache Ergebnis dürften auch die andauernden Querelen im Landesverband gewesen sein.