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Landtagswahl Zweikampf in Niedersachsen

Es wird eine knappe Entscheidung zwischen Stephan Weil (SPD) und Bernd Althusmann (CDU). Am Sonntag wird in Niedersachen gewählt.

11.10.2017, 23:01

Hannover (dpa/sh) l Kein Wähler-Frust durch Große Koalition, kein prädestinierter Sieger mit haushohem Vorsprung: Für die Landtagswahl in Niedersachsen am 15. Oktober gilt ein anderes Szenario als für die gerade gelaufene Bundestagswahl. Alles deutet auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem amtierenden Ministerpräsidenten Stephan Weil (58) und seinem CDU-Herausforderer Bernd Althusmann (50) hin. Die AfD dagegen muss um ihren Einzug in den Landtag zittern – auch das ein Unterschied zur Situation im Bund.

Laut der jüngsten Umfrage hat sich der Abstand zwischen den beiden großen Parteien nach der Bundestagswahl verkürzt. Nach einer Infratest-Umfrage nur wenige Tage vor der Wahl liegt die CDU in Niedersachsen bei 34 Prozent, ebenso wie die SPD, die kräftig aufgeholt hat. Ministerpräsident Weil ist davon beflügelt. Wenn es so weitergehe, werde man die CDU überholen, sagte er kürzlich. Sein Rivale Althusmann dagegen bleibt vorsichtig. Er schätzt die eigenen Chancen auf 50:50 und rechnet mit einem engen Ergebnis. „Niedersachsen ist weder klassisches CDU- noch SPD-Land.“

Das musste bei der letzten Landtagswahl im Januar 2013 der damalige Ministerpräsident David McAllister (CDU) schmerzhaft erfahren. Am Ende gaben 334 Stimmen mehr für die SPD den Ausschlag dafür, dass sein schwarz-gelbes Regierungsbündnis von einer rot-grünen Koalition unter Stephan Weil abgelöst wurde. Rot-Grün zitterte sich zum Sieg – und stützte sich auf eine Ein-Stimmen-Mehrheit im Landtag.

Damit war es dann plötzlich vorbei, als im August die grüne Landtagsabgeordnete Elke Twesten zur CDU überlief. Die Konsequenz ist nun eine vorgezogene Neuwahl. Bei der CDU mag der eine oder andere stillschweigend über diese Volte in der niedersächsischen Politik triumphiert haben. Aber die Causa Twesten hat das Verhältnis der CDU zu SPD und Grünen vergiftet. Und die neueste Umfrage zeigt: Es wird weder für eine Fortsetzung von Rot-Grün noch für Schwarz-Gelb reichen. Althusmann stünde im Falle eines Sieges vor zwei schwierigen Optionen: Entweder einer Großen Koalition mit der SPD oder einem Jamaika-Bündnis mit FDP (8 Prozent) und Grünen (8,5 Prozent).

Doch sind die Grünen in Niedersachsen weniger vom Realo-Flügel dominiert als beispielsweise in Schleswig-Holstein oder Baden-Württemberg. Und die Wut auf die CDU ist bei manchen groß. Von „schwarz-gelben Hetzern“ sprach der grüne Agrarminister Christian Meyer erbost. Das sei „Gauland-Rhetorik“, feuerte Althusmann in Anspielung auf den AfD-Vize Alexander Gauland zurück. Karibische Gefühle gehen anders – selbst wenn die Grünen eine Jamaika-Koalition nicht ausschließen und Althusmann zu dem Modell sagt: „Man soll nie nie sagen.“

Amtsinhaber Stephan Weil hält eine Große Koalition für „extrem unwahrscheinlich“ und verweist auf das belastete Verhältnis zwischen CDU und SPD. Rechnerisch bleibt ihm derzeit die Alternative einer Ampel-Koalition mit den Grünen und der FDP, auch wenn sich FDP-Chef Stefan Birkner noch dagegen sträubt. Sollte die Linke (4,5 Prozent) in den Landtag einziehen, wäre auch Rot-Rot-Grün in Reichweite.

Die AfD spielt bisher in Niedersachsen eine vergleichsweise kleine Rolle. Querelen im Landesverband und Treue der niedersächsischen Wähler zu CDU und SPD nennen Politologen als Ursachen. Die Rechtspopulisten kommen derzeit auf 8 Prozent, bei der Bundestaswahl erreichten sie 9,1 Prozent.

Das würde auch die AfD-Positionen in Berlin schwächen. Grüne und FDP hingegen würden bei guten Ergebnissen in Hannover Rückenwind für die Koalitionsverhandlungen mit den Unionsparteien in Berlin bekommen.