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Migration Algeriens stabilisierende Rolle stärken

Algerien ist wichtiges Transitland für Migranten. Angela Merkel will die Zusammenarbeit im Kampf gegen illegale Migration verbessern.

17.09.2018, 23:01

Berlin/Algier (dpa) l Mit einem Kurzbesuch in Algier will Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am heutigen Montag die Rolle Algeriens als Stabilitätsfaktor in Nordafrika stärken. Bei Treffen mit dem seit 1999 amtierenden Präsidenten Abdelaziz Bouteflika und dem seit August 2017 regierenden Premierminister Ahmed Ouyahia dürfte es neben der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus vor allem um Migrationsthemen gehen. Merkel dürfte auch die Spannungen Algeriens mit Marokko ansprechen.

Deutschland hält eine Befriedung des Streits für eine wichtige Grundlage zur Stabilisierung der Region und damit für eine effektivere Zusammenarbeit bei der Bekämpfung illegaler Migration. Merkel hatte im Februar 2017 eine Reise nach Algerien kurz vor dem Start wegen gesundheitlicher Probleme Bouteflikas absagen müssen. Der gesundheitlich angeschlagene 81-Jährige könnte bei der im kommenden Jahr anstehenden Wahl für eine fünfte Amtszeit kandidieren.

Algerien ist wichtiges Transitland für Migranten, die mit dem Boot nach Europa übersetzen wollen. Das Land grenzt an Mali und Niger, die ebenfalls wichtige Durchgangsländer sind. Während Italien seine Häfen immer weiter gegen aus Seenot geborgene Migranten abschottet, sind die Ankünfte in Spanien gestiegen. Die meisten Migranten steigen derzeit in Marokko in die Boote. Vorher haben sie allerdings von Algerien kommend die mehr als 1000 Kilometer lange Wüstengrenze passiert, weshalb Marokko mit seinem Nachbarn im Streit liegt.

Merkel und ihre schwarz-rote Regierung wollen Algerien, Tunesien und Marokko im Asylrecht als sichere Herkunftsländer einstufen, um Abschiebungen abgelehnter Bewerber zu beschleunigen. Kritiker haben Vorbehalte, auch angesichts von Berichten über Folter und unfaire Gerichtsverfahren. 2017 lag die Anerkennungsquote bei algerischen Asylbewerbern bei nur zwei Prozent, weil die meisten Bewerber aus wirtschaftlichen Gründen und nicht wegen Verfolgung kommen.

Während SPD-Chefin Andrea Nahles den Vorstoß zur Einstufung als sichere Herkunftsländer unterstützt, kommt aus SPD-regierten Ländern teils vehemente Ablehnung. Der Bundesrat befasst sich an diesem Freitag mit dem entsprechenden Gesetzentwurf. Die Länderkammer kann dazu Stellung nehmen, bevor der Bundestag entscheidet.

Angesichts zunehmender illegaler Migration auch aus Algerien selbst – die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei etwa 26 Prozent – und einer sich verstärkenden Unzufriedenheit über die Lebensbedingungen strebt die Bundesregierung einen Ausbau der wirtschaftlichen Zusammenarbeit an. Dabei soll es vor allem um Investitionen in die Wertschöpfungskette und mehr Arbeitsplätze im Land gehen. Bislang stammen 94 Prozent der algerischen Exporteinnahmen aus dem Öl- und Gassektor.

Zu Beginn ihres Besuchs wollte Merkel am Denkmal der Toten des Unabhängigkeitskrieges einen Kranz niederlegen. Algerien hatte 1962 nach achtjährigem Kampf und mehr als 130 Jahren französischer Kolonialherrschaft seine Unabhängigkeit erklärt.

Anschließend stand der Besuch eines Mädchen-Gymnasiums auf Merkels Programm. Das Gymnasium gehört wie drei weitere Schulen im Land zu der 2008 vom Auswärtigen Amt ins Leben gerufenen Initiative "Schulen: Partner der Zukunft".

Zum Abschluss ist ein Gespräch mit Vertretern der Zivilgesellschaft geplant. In der Regel nehmen an solchen Treffen Menschenrechtler, Journalisten und oft auch Vertreter der Opposition teil. Mitte Juli hatten die algerischen Behörden nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) mehrere hundert illegale Migranten festgenommen und in der Wüste im Süden des Landes ausgesetzt.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft den algerischen Behörden willkürliche Inhaftierungen friedlicher Demonstranten sowie von Menschenrechtlern, Aktivisten und Journalisten vor. Zudem seien Angehörige der muslimischen religiösen Minderheit der Ahmadiyya verfolgt worden. Gerichte verhängten weiterhin Todesurteile, seit 1993 gab es jedoch keine Hinrichtungen mehr.